Samstag, 3. Dezember 2011

Gefahr in Rot und Blau - Epileptiker reagieren auf manche Farbkombinationen sensibler

Flackernde Lichter in Rot und Blau sind für Epileptiker gefährlicher als andere Farbkombinationen: Der Wechsel zwischen diesen beiden Farben irritiert das Gehirn messbar mehr als der zwischen anderen Tönen, haben britische und indische Wissenschaftler gezeigt.

ROT-BLAU = GEFAHR

Diese Irritation kann zwar im gesunden Gehirn kompensiert werden. Bei vielen Epileptikern fehlt dieser natürliche Schutzmechanismus jedoch, und die pulsierenden Lichter lösen eine unerwünschte Synchronisierung der Hirnaktivität (EEG) und damit nicht selten auch einen Anfall aus. Da flackernde Rot-Blau-Kombinationen in Fernsehsendungen sehr häufig sind, sollten Epileptiker sehr vorsichtig beim Anschauen von Animationen und Trickfilmen sein, empfehlen die Forscher.

Photosensitive Anfälle
Bei Menschen, die zu sogenannten photosensitiven Anfällen neigen, kann schon der Wechsel aus Licht und Schatten unter Bäumen oder das Flackern eines Bildschirms zu einem Aussetzer des Bewusstseins, krampfartigen Muskelzuckungen oder sogar zu einem voll ausgeprägten epileptischen Krampfanfall führen. Entscheidend für die Reaktion des Gehirns sind dabei sowohl die Frequenz, mit der das Licht flackert, als auch der Kontrast und das Muster der Signale.

Anfälle im Zusammenhang mit bunten Cartoon-Sendungen im Fernsehen
Doch ab jetzt weiß man auch, dass die Farben des Lichts eine wichtige Rolle spielen, denn besonders häufig werden Anfälle im Zusammenhang mit bunten Cartoon-Sendungen im Fernsehen beschrieben. So gab es schon im Jahr 1997 in Japan mehr als 700 Berichte über Anfälle, die während der Ausstrahlung eines Pokemon-Cartoons auftraten.

Bereits frühere Studien hatten Hinweise ergeben, dass vor allem die Farbkombination Rot-Blau problematisch für das Gehirn ist. Um das genauer zu testen, ließen Joydeep Bhattacharya und seine Kollegen jetzt elf gesunde und zwei an Epilepsie erkrankte Freiwillige verschiedene Farbkombinationen auf einem Bildschirm ansehen und registrierten dabei die Hirnströme der Teilnehmer. Die Farben wechselten mit einer Frequenz von zehn Hertz für jeweils drei beziehungsweise – bei den Epileptikern – zwei Sekunden. Gezeigt wurden die Kombinationen Rot-Blau, Rot-Grün und Grün-Blau.

Epilepsie EEG

Am stärksten ausgeprägt war diese Reaktion bei der Blau-Rot-Kombination.

Dabei hat man einen deutlichen Unterschied zwischen der Reaktion der gesunden Gehirne und der der Epileptiker sehen können, erläutert Dr. Bhattacharya: Die Gehirne der gesunden Probanden reagierten auf die irritierenden Lichtsignale, indem sie die Komplexität ihrer Signale erhöhten. Am stärksten ausgeprägt war diese Reaktion bei der Blau-Rot-Kombination. Bei den Epileptikern dagegen nahm die Komplexität und damit die Unordnung der Signale ab, das heißt, einige Gehirnbereiche begannen, synchron mit anderen zu arbeiten – ein Merkmal, das als Beginn eines epileptischen Anfalls gilt.

Da der Grad der Unordnung in den Hirnströmen ein Maß dafür sei, wie heftig sich das Gehirn gegen den Einfluss der Lichtsignale wehre, sei damit klar, dass die Rot-Blau-Bestrahlung den stärksten Einfluss aufs Gehirn habe und damit auch potenziell die größte Gefährdung darstelle. Die Wirkung direkt (noch mehr) nachweisen könne man allerdings nicht, da es zu gefährlich sei, bei den Epileptikern absichtlich einen Anfall auszulösen.
Quelle: Dr. Joydeep Bhattacharya (University of London) et al.: PLoS ONE, Bd.4, Nr.9,Artikel-e7173