Freitag, 7. April 2017

Forscher transportieren den Geschmack von Limonade via Bluetooth (inkl. Video)

Leben ist Energie - die virtuelle Limonade: Geschmack lässt sich versenden
Es ist eine der traurigen Tatsachen des Lebens, dass das, was uns gut schmeckt, nicht selten schlecht für uns ist. Deswegen forschen Wissenschaftler weltweit daran, wie man für uns „angenehme“ Geschmackserlebnisse so simulieren, ohne dass die entsprechende Nahrung (inkl. Kalorien) eingenommen werden muss. Ein Team der Universität Singapur (NSU) hat nun in einem Experiment den Geschmack von Zitronenlimonade via Bluetooth transportiert und dann mittels Elektrostimulation der Zunge den sauren Geschmack simuliert, während Probanden klares Wasser tranken (siehe auch Video unten).

Limonadengeschmack durch Elektrostimulation
Das Experiment ging auf vorherige Forschung der NSU zurück, bei der die Forscher herausfanden, dass sich die Basis-Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter simulieren lassen, indem die entsprechenden Zungenareale elektrisch stimuliert werden (siehe unseren Beitrag aus 2013). Das Team um Nimensha Ranasinghe wollte dann herausfinden, ob es möglich wäre, den Geschmack eines Glases voller Limonade und dessen Farbe einzufangen und digital zu transportieren. Die Wahl viel auf Zitronenlimonade, da diese einen ausgeprägten Geschmack hat, der zudem auch relativ leicht in elektrische Signale umgewandelt werden kann. ...

Die Forscher maßen den pH-Wert und damit im Grunde die Säure der Limonade mit einem Sensor. Anschließend nutzten sie einen RGB-Sensor, um die Farbe der Limonade zu messen. Die Daten wurden dann via Bluetooth an eine Art „Limonaden-Simulator“ gesendet – einem Glas mit LEDs am Boden und Elektroden rund um den Rand. Die LEDs waren dafür zuständig, das Wasser in dem Glas in der richtigen Farbe erscheinen zu lassen, während die Elektroden den Geschmack durch elektrische Stimulation simulierten.
Video dazu

Die virtuelle Limonade kommt sehr nahe an die echte heran!
Um zu testen, wie dicht die „virtuelle“ Limonade an der Vorlage ist, wurde ein Experiment durchgeführt, bei denen die Probanden die echte und die simulierte Limonade tranken, ohne zu wissen, welches Getränk sie gerade zu sich nahmen. In dem Experiment sollten die Probanden anhand der Farbe des Getränks bewerten, wie sauer das Getränk ist und dann anhand der Geschmacksprobe bewerten, wie dicht der Geschmack an ihren Erwartungen liegt. Jeder Proband bekam in zwei Versuchsreihen je drei Gläser der echten und drei Gläser der simulierten Limonade.
Optisch sahen die Probanden nicht viel Unterschied zwischen den beiden Getränken, schätzten die simulierte Limonade allerdings als „saurer“ ein. Im Geschmacksvergleich bewerteten sie die echte Limonade allerdings durchgehend als saurer. Die Forscher spekulieren, dass dies daran liegt, dass das Wasser die elektrischen Signale bei der Simulation des sauren Geschmacks abschwächt.

Auch Geschmack könnte über soziale Netze teilbar werden
Die Ergebnisse lagen allerdings dicht genug beieinander, dass das Team davon ausgeht, dass in naher Zukunft bessere Resultate möglich sein werden – speziell wenn auch Geruch, Temperatur und Kohlensäuregehalt der Vorlage beachtet werden können.

Die primäre Anwendungsmöglichkeit solcher Technologien liegt natürlich auf der Hand: Während Softdrinks in größeren Mengen ohne Zweifel nicht besonders gesund sind, trinken viele Menschen diese jedoch gerne. Wenn der Geschmack auch für reines Wasser simuliert werden könnte, wäre es möglich, ohne schlechtes Gewissen so viel davon zu trinken, wie man möchte.

Eine andere Möglichkeit wäre, die Geschmäcker von Getränken oder Essen virtuell „teilbar“ zu machen. „In the future, we envision a cloud repository for people to share digital signatures of their beverages. This concept may also impact personal well-being by encouraging people to drink virtually flavored water rather than artificial soft drinks„, so die Forscher. Man bedenke nur, was diese Technologie für den Instagram-Trend bedeuten würde, sein Essen per Foto zu teilen. 
Bis es so weit ist, haben die Forscher allerdings noch viel Arbeit vor sich – denn wirklich komplexe Geschmäcker können sie mit ihrer Technik noch nicht simulieren.
Quelle: Universität Singapur (NSU)
Videoquelle: Universität Singapur (NSU) / YouTube
Bildquelle: Universität Singapur (NSU)