Dienstag, 12. Oktober 2021

DNA-Schäden durch Antibiotikum


Ciprofloxacin, eines der am häufigsten eingesetzten Breitbandantibiotika, 
schädigt die DNA von Mitochondrien, den Kraftwerken menschlicher Zellen. 
Proliferation und Differenzierung der Zellen werden dadurch gehemmt. Der von Forschern der University of Eastern Finland im Fachjournal »Nucleic Acids Research« erstmals  beschriebene Effekt ist wahrscheinlich für viele Nebenwirkungen von Ciprofloxacin und anderen Fluorchinolonen verantwortlich.

Mitochondrien sind Organellen in den Zellen der meisten Eukaryoten, die für die ATP-Produktion und somit die Energiegewinnung zuständig sind. Sie zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie eine eigene, ringförmige, doppelsträngige DNA besitzen, die mtDNA. Diese kann räumlich verschieden angeordnet sein, etwa verdrillt oder gerade mit offenem oder geschlossenem Ring. Um abgelesen zu werden, muss die mtDNA in einer ganz bestimmten 3D-Struktur vorliegen. Dafür sorgen spezielle Enzyme, die DNA-Topoisomerasen. Diese lösen Verdrehungen der DNA auf, indem sie sie auftrennen, entheddern und wieder verknüpfen. Je nach Unterform der Topoisomerase kann das Enzym dabei entweder nur einen oder beide DNA-Stränge gleichzeitig bearbeiten. Wie die Forscher um Anu Hangas herausfanden, wird die räumliche Anordnung der mtDNA überwiegend von der Topoisomerase 2 kontrolliert. Diese ähnelt der bakteriellen Gyrase, dem Angriffspunkt von Ciprofloxacin und anderen Fluorchinolon-Antibiotika.

Behandelten die Forscher Zellkulturen mit Ciprofloxacin, beobachteten sie einen »dramatischen Effekt« auf die mtDNA. Die Topologie veränderte sich und in der Folge ließ die Energieproduktion der Mitochondrien nach, wodurch das Wachstum und die Differenzierung der Zellen beeinträchtigt wurden. Aus Sicht der Forscher könnte dies Nebenwirkungen der Fluorchinolone wie Sehnenrupturen, Gelenkentzündungen, Muskelschwäche, Neuropathien und Depressionen erklären, für die man noch momentan oxidativen Stress als gemeinsame Ursache ansieht. Dieser könne ursprünglich durch die Störung der Atmungskette in Mitochondrien ausgelöst sein.

Quelle: University of Eastern Finland, Fachjournal »Nucleic Acids Research« DOI: 10.1093/nar/gky793
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