Donnerstag, 11. Oktober 2012

Angst im Auge

Der sichtbare Anteil der weißen Lederhaut vermittelt in Sekundenbruchteilen Panik und Furcht

Angst, Panik im Auge gut sichtbar!
Das Weiße in angstvoll aufgerissenen Augen zu sehen reicht aus, um das Gehirn in Alarmbereitschaft zu versetzen: Die für Angst und andere Gefühle zuständige Mandelkernregion Amygdala reagiert bereits nach Sekundenbruchteilen auf den höheren Weißanteil der Augen, der bei einem furchtsamen Gesichtsausdruck zu sehen ist. Die Form der Augen und den Rest des Gesichts zu sehen ist dagegen nicht notwendig, um Angst zu erkennen. Das berichten Paul Wahlen von der Universität von Wisconsin in Madison und seine Kollegen in der Fachzeitschrift Science (Bd. 306, S. 2061).

Für ihre Studie zeigten die Forscher zwanzig Freiwilligen mehrere Bilder von Gesichtern mit neutralem Ausdruck. Dazwischen blendeten sie für wenige Sekundenbruchteile Bilder ein, die sie aus Fotos von angstvollen und glücklichen Gesichtern erstellt hatten. Diese Testbilder zeigten lediglich den weißen Anteil des Auges vor einem schwarzen Hintergrund. Zur Kontrolle verwendeten die Forscher Negative dieser Darstellungen, bei denen das Augenweiß schwarz und der Hintergrund weiß waren. Während die Probanden die Bilder betrachteten, bestimmten die Wissenschaftler ihre Gehirnaktivität mithilfe funktioneller Magnetresonanztomographie.

Obwohl die Testteilnehmer die Augendarstellungen nicht bewusst wahrnahmen, reagierte ihre Amygdala sehr ausgeprägt auf die Bilder, ergab die Auswertung. Das galt jedoch ausschließlich für die Darstellung der angstvoll aufgerissenen Augen und auch nur für die echte Farbgebung – weißes Auge, dunkler Hintergrund. Dagegen aktivierten weder die schwarzen ängstlichen noch die glücklichen Augen das Gefühlszentrum.

Der Schlüsselreiz für das Erkennen von Angst ist offenbar die Größe des weißen Bereichs im Auge des Gegenübers, schließen Wahlen und seine Kollegen aus den Ergebnissen. Die starke Reaktion der Amygdala auch ohne die bewusste Wahrnehmung stammt wahrscheinlich aus der Frühzeit des Menschen, als Angst in den Gesichtern anderer ein überlebenswichtiges Warnsignal war. Die Entdeckung erklärt auch, warum Menschen überall auf der Welt ähnlich auf angstvolle Gesichtsausdrücke reagieren.
Quelle: Paul Wahlen,Universität von Wisconsin in Madison, Fachzeitschrift Science (Bd. 306,S.2061).