Eine weitere Orientierungshilfe
Welchen Bereich des elektromagnetischen Spektrums Lebewesen sehen können, hängt grob gesagt von drei Dingen ab: von der Art des einfallenden Lichts, von den Wellenlängen, die das Auge durchlässt, und von den Sinneszellen auf der Netzhaut. Bei Wirbeltieren ermöglichen zwei dieser Sinneszellen (sog. Fotorezeptoren) das Sehen: die Zapfen, die für die Farbwahrnehmung sorgen, und die Stäbchen, die für das Sehen in der Dämmerung oder Nacht wichtig sind.
Wir Menschen haben drei verschiedene Typen von Zapfen: Sie können bestimmte Wellenlängen des einfallenden Lichts wahrnehmen und erzeugen - nach der Umwandlung der elektromagnetischen Signale in neurochemische - die Farbeindrücke von Blau, Grün und Rot. Viele, entwicklungsgeschichtlich sehr alte Wirbeltiere, verfügen über einen vierten Zapfen. Mit diesem zusätzlichen Farbrezeptor können Fische, Vögel, Katzen und Hunde ultraviolettes Licht wahrnehmen und sich damit besser orientieren.
Auch der Mensch kann unter bestimmten Umständen UV-Licht sehen
Beim Menschen erreicht diese Licht-Strahlung unsere Netzhaut erst gar nicht, sie wird schon vorher komplett von unserer Augenlinse absorbiert. Doch kann auch der Mensch prinzipiell Sinneseindrücke von UV-Licht-Strahlen haben. Das zeigen Patienten, die nach Unfällen oder chirurgischen Eingriffen ihre Linsen verloren hatten. Sie beschrieben UV-Licht als weißliches, "milchiges" Blau-Violett.
Ich seh, ich seh was du nicht siehst! -UV- |
Also blieb Ron Douglas und Glen Jeffery nichts anderes übrig, als die Angelegenheit möglichst objektiv zu überprüfen. Dazu untersuchten sie die Augen-Linsen von 38 Säugetierarten, bei den meisten von ihnen wurde dies zum ersten Mal gemacht.
Mäuse und Ratten sehen auch im UV-Bereich
Die Linsen von Mäusen, Ratten und anderen eher nachtaktiven Tieren können große Mengen an UV-Strahlung auf die Netzhaut durchlassen, das ist schon seit längerem bekannt. Dass aber auch Igel, Katzen, Hunde, Okapis und Frettchen in Sachen UV-Transparenz ganz vorne liegen, ist neu.
"Katzen sehen UV wie wir Menschen ohne Augen-Linsen"
Können also Katzen, Hunde und andere Tiere UV-Licht tatsächlich auch sehen? Ron Douglas ist bei seiner Antwort vorsichtig: "Wir haben das nicht endgültig bewiesen, es ist aber sehr wahrscheinlich", sagte er. "Es ist vermutlich wie bei den Menschen, denen die Linsen entfernt wurden. Katzen sind wie Menschen ohne Linsen." (Anm.: Natürlich ist es auch noch fraglich wie das Katzengehirn die normalen Bilder und die UV-Eindrücke abmischt, vielleicht wie eine Aura?, Endgültig sehen wir ja mit unserem Gehirn.)
Beide Tierarten haben zwar keine eigenen Fotorezeptoren für UV-Licht. Eine - im Vergleich zu höherwelligem Licht - kleinere Menge an UV-Strahlen wird aber von den normalen Zapfen verarbeitet. "Vermutlich können die Tiere ultraviolettes Licht nicht als eigenständige Farbe unterscheiden", heißt es in der Studie (?). Aber vielleicht nehmen sie ein ähnlich weißliches Blau wahr wie die linsenlosen Menschen das wahrnehmen können.
Eine Frage nach der Funktion
Keine Biologie ohne der Frage nach der Funktion: Für Tiere, die in der Nacht aktiv sind, ist das noch recht einfach - sie wollen so viel Licht wie möglich verarbeiten und sehen können. Auch die Erklärung für Rentiere leuchtet ein. Sie könnten mit der Wahrnehmung von UV-Strahlen das weiße Fell von Polarbären, die in der Schneelandschaft Jagd auf sie machen, leichter ausfindig machen. Auch Paarungsverhalten, Futtersuche, Orientierung wurde mit der UV-Wahrnehmung von Säugetieren bereits in Zusammenhang gebracht. Es fragt sich aber auch, warum wir Menschen die Fähigkeit UV-Licht zu sehen verloren haben.
Die mögliche Antworten darauf: Einerseits könnte eine Linse, die UV-Licht absorbiert, die Netzhaut vor Verletzungen und Schäden besser schützen. "Menschen werden sehr alt. Ein UV-Filter kann uns davor beschützen, dass wir erblinden." Anderseits hängen Sehschärfe und UV-Filter zusammen: Tierarten, die weniger UV-Licht auf ihre Netzhaut durchdringen lassen, sehen dafür schärfer und genauer.
Quellen: O:R.F. und "The spectral transmission of ocular media suggests ultraviolet sensitivity is widespread among mammals" von Ron Douglas und Glen Jeffery, 19. 2. 2014 / "Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences".
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Link: http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/281/1780/20132995
Original 10 Seiten-PDF dazu: http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/281/1780/20132995.full.pdf+html