Die Wissenschaftsteams verglichen das Erbgut von elf lebenden Populationen afrikanischer, asiatischer und europäischer Abstammung und forschten dabei nach noch immer vorhandenen Neandertaler-Gen-Fragmenten.
Selektive Vorteile durch die alten Neandertaler-Gene
Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal "Nature Communications". Möglicherweise -so die Forscher- hätten jene Menschen mit Neandertaler-Varianten in den Genen einen wichtigen selektiven Vorteil bei der Evolution gehabt, erläuterte MPI-Forscher Philipp Khaitovich. Welchen genau, das müsse noch genauer erforscht werden.
Neben einigen bereits bekannten Genorten zeigte sich bei den Europäern eine ungewöhnliche Häufung in den Erbgutbereichen, die den Fettabbau kontrollieren. "In diesen Bereichen hatten die Neandertaler-ähnlichen Gene einen Anteil von 20,8 Prozent", berichten Khrameeva und ihre Kollegen. Noch geballter war das Erbe der Eiszeit-Menschen in den Unterbereichen, die für die Produktion von sechs fettabbauenden Enzymen verantwortlich sind.
"Es liegt nahe, dass die Neandertaler im Laufe der Zeit ihren Fettstoffwechsel so verändert hatten, dass ihnen dies beim Überleben unter den Umweltbedingungen im urzeitlichen Europa und Zentralasien half", schreiben die Forscher. Möglicherweise halfen diese Enzyme ihnen dabei, die Fette der Nahrung besser aufzuspalten. Ihr Körper gewann so die Energie, die er im kalten Klima oder bei anstrengenden Jagden dringend brauchte. Als dann unsere Vorfahren aus Afrika nach Europa einwanderten, paarten sich einige mit den ansässigen Neandertalern – und ihre Nachkommen profitierten vom optimierten Fettabbau. Tatsächlich fanden die Forscher Anzeichen dafür, dass diese bis heute erhaltenen Gene sich im Laufe der Zeit im Erbgut sogar noch anreicherten – ein Anzeichen für eine positive Selektion. (Anm.: Leider hilft uns dieser damalige Vorteil heute nichts mehr viel, heute helfen diese Gene nur noch wenig!)
Im Weiteren untersuchten die Forscher, wie die Neandertaler-Varianten den Fettstoffwechsel beim modernen Menschen beeinflussen. Dabei fanden sie bei Menschen europäischer Abstammung evolutionäre Veränderungen in der Fettkonzentration und in der Bildung von Stoffwechselenzymen im Gehirn.
Auswirkungen aufs menschliche Gehirn
Zitat: "Wir wissen nicht, wie sich diese veränderte Fettkonzentration auf das Gehirn auswirkt. Aber schon die Tatsache, dass Neandertaler-Gene den Aufbau unseres Gehirns verändert haben könnten, ist äußerst interessant", so Khaitovich. Erst im Januar 2014 hatten zwei Studien ergeben, dass Neandertaler-Gene den Vorfahren moderner Menschen wahrscheinlich dabei geholfen hatten, sich an die kühlere Umgebung außerhalb Afrikas anzupassen. Die Auswanderung aus dem warmen Afrika (unserem Ursprung) bedeutet für das menschliche Gehirn wie für das Neandertaler Gehirn und den Organismus große Umstellungen und Anpassungsreaktionen. Den Forschern zufolge ist das Neandertaler-Erbgut in heutigen Europäern und Ostasiaten insbesondere an jenen Stellen vorhanden, an denen Wachstum und Ausgestaltung von Haut und Haaren geregelt werden. So wurde die Haut der "Auswanderer" langsam heller Haut, genauso wurden die Haare als Anpassungsreaktion auf das veränderte Klima heller.
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Quelle: Studie in "Nature Communications": "Neanderthal ancestry drives evolution of lipid catabolism in contemporary Europeans" von Ekaterina E. Khrameeva et al., erschienen am 1. April 2014.
LINK: http://www.nature.com/doifinder/10.1038/ncomms4584