Donnerstag, 19. Juni 2014

Menschen verlieren ihre Moral in der Gruppe

Die Gruppe lässt Menschen manchmal Dinge tun, die sie normalerweise für falsch halten. Forscher vermuten, dass manche Menschen in der Gruppe den Kontakt zu ihren moralischen Prinzipien und persönlichen Ethik verlieren, wobei neuronale Prozesse eine Rolle zu spielen scheinen.

Die Wissenschaftler kontrollierten hierfür die Hirnaktivität in einem Bereich des Gehirns, der für die Selbstreflektion mitverantwortlich ist. Bei manchen Studienteilnehmern war dieser Hirnbereich weniger aktiv, wenn sie als Teil einer Gruppe an einem Wettbewerb teilnahmen (!). Das Gehirn reagierte dann zum Beispiel auf moralische Aussagen, die zu ihnen passten, weniger stark. Außerdem waren sie in der Gruppe eher bereit, anderen zu schaden, als Teilnehmer, bei denen dieser für Selbstreflexion zuständige Hirnbereich aktiver war.

Hintergrund: So sollten die Teilnehmer am Ende der Versuche aus einem Haufen von Fotos je zwei Fotos beider Teams auswählen, die mit der Studie zusammen veröffentlicht werden sollten. War die Hirnaktivität geringer, wählten die Teilnehmer die am wenigsten schmeichelhaften Fotos des gegnerischen Teams aus, ganz im Gegensatz zu ihrem eigenen. Als Teil einer Gruppe scheinen manche Menschen den Kontakt zu ihren moralischen Prinzipien (teilweise total) zu verlieren, so die Forscher.

Aber es gibt noch viele weitere Faktoren, die bei gruppendynamischen Prozessen eine Rolle spielen. Zum Beispiel wenn ganz normale Menschen in einer Gruppe zum Mob werden, der plündert, Dinge zerstört oder sogar gewalttätig gegen andere wird. "Die Prioritäten ändern sich, wenn es ein "wir" und ein "ihr" gibt", sagt die an der Arbeit beteiligte Forscherin Rebecca Saxe vom Massachusetts Institute of Technology. In einer Gruppe fühlen sich Menschen oft anonymer, weniger persönlich verantwortlich und entschuldigen manche Aktionen als notwendig, um ein "höheres Ziel" zu erreichen. Das sieht man auch bei Demonstrationen, Fußballmatches, Versammlungen und auch im Krieg recht deutlich.
Quelle: Die Wissenschaftler berichteten über ihre Messungen im Fachmagazin NeuroImage online.