Die Verbindung zwischen Stimmung und Mimik ist keine Einbahnstraße, das belegen Versuche Münchner Neurowissenschaftler. Nervensignale aus der Haut und der Muskulatur des Gesichts beeinflussen wiederum die Aktivität in Hirnregionen, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind.
Keine Zornesfalten, weniger Aktivität im linken Mandelkern (Amygdala).
Der resultierenden Rückkopplung könnte eine wichtige Rolle als “sozialer Kitt” zukommen, vermuten die Forscher um Andreas Hennenlotter und Bernhard Haslinger vom Klinikum der Technischen Universität München. Menschen imitierten häufig unbewusst die Gesichtsausdrücke ihres Gegenübers. Daher könnten die Signale aus dem Gesicht helfen, die Gefühle des anderen nachzuempfinden.
Hinweise auf die Existenz einer solchen Rückkopplung gibt es bereits seit Jahrzehnten. Die Wissenschaftler gingen nun der Frage nach, wie genau diese Verbindung zustande kommen könnte. Dazu kartierten sie per funktioneller Kernspintomographie die Gehirnaktivität ihrer Probanden, während diese zornige Gesichtsausdrücke nachahmten. Dabei wurde unter anderem der linke Mandelkern (Amygdala) aktiv. Diese Hirnstruktur ist am Erkennen von Bedrohungen und am Empfinden von Angst beteiligt.
Nun lähmten Haslinger und Kollegen die “Zornesfalten” der Teilnehmer vorübergehend, indem sie das Nervengift Botulinumtoxin in die entsprechenden Gesichtsmuskeln spritzten. Daraufhin zeigte sich ein verblüffender Effekt, berichten die Forscher im Fachblatt “Cerebral Cortex”: Indem die Probanden kein wirklich zorniges Gesicht mehr machen konnten, fiel auch die Aktivität im Mandelkern und damit in Verbindung stehenden Hirnstrukturen deutlich geringer aus.
Quelle: Andreas Hennenlotter, Christian Dresel und Bernhard Haslinger, Neurologische Klinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, und Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig; und andere
Veröffentlichung Cerebral Cortex, DOI 10.1093/cercor/bhn104