Ob das wirklich richtig ist, zweifeln andere Forscher an.
Denn vor dieser Studien hatten andere Studien und Untersuchungen immer wieder nahegelegt, dass Gläubige tatsächlich eher intuitiv und weniger analytisch veranlagt sind und das mit zunehmendem analytischen Denken der religiöse Glaube schwinde.
Wie Neurowissenschaftler und Philosophen an den Universitäten von Oxford und Coventry um Miguel Farias nun jedoch in einer im Fachjournal “Nature Scientific Reports” veröffentlichten Studie an Jakobs-Pilgern aufzeigen, scheint dies doch nicht so zu sein und Menschen auch nicht sozusagen als Gläubige geboren zu werden.
In ihren Untersuchungen hatten die Forscher Jakobspilger einem Gehirn-Stimulations-Experiment (Neurostimulation) unterzogen und dabei keine Verbindung zwischen intuitivem oder analytischen Denken, oder kognitiver Inhibition (also der Fähigkeit, ungewollte Gedanken und Handlungen gezielt zu unterdrücken) oder einem Glauben an das Übernatürliche gefunden! ...
Stattdessen schlussfolgern die Wissenschaftler, dass andere Faktoren, wie etwa Erziehung und sozi-kulturelle Prozesse, wahrscheinlich eine noch sehr viel größere Rolle für den religiösen Glauben spielen als bislang angenommen.
Damit stelle die Studie eine der wenigen Untersuchungen dar, die dem derzeitigen und seit rund 20 Jahren zu beobachteten Trend unter Kognitionspsychologen widerspreche(!), innerhalb dessen versucht werde, den Glauben an das Übersinnliche, das Übernatürliche und Gott als etwas “natürliches” oder intuitives darzustellen, mit dem wir bereits geboren werden, so die Pressemitteilung der Coventry University. Manche vermuteten sogar, dass es so etwas wie ein Gottes-Gen gibt.
Vor dem neun Experiment wurden die Probanden – allesamt Jakobspilger in Nordspanien – zu ihrem Glauben und der Dauer ihrer Pilgerreise befragt. Um das Niveau ihres intuitiven Denkens einschätzen zu können, sollten die Teilnehmer zudem in Aufgaben zwischen einer logischen und einer Bauchentscheidung (intuitive Entscheidung) wählen.
“Das Ergebnis der Untersuchung zeigt, dass es keine Verbindung zwischen der Stärke des religiösen oder übernatürlichen Glaubens und Intuition zu geben scheint”, so die Autoren der Studie.
In einer zweiten Untersuchung wurden mathematische Rätsel verwendet um die Intuition zu erhöhen: “Auch hier zeigte sich keine Verbindung zwischen dem Niveau des intuitiven Denkens und dem Glauben an das Übernatürliche”
Hirn-Stimulation
☛ In einer früheren Studie konnten die Forscher hierzu zeigen, dass Atheisten dieses Hirnareal vermehrt immer dann nutzten, wenn sie darum bemüht waren, übernatürliche Ideen und Vorstellung zu unterdrücken.
“Auch hier zeigen die Ergebnisse, dass die Hirnstimulation zwar das Niveau der kognitiven Aktivität verändert, dieser Umstand jedoch nicht den übernatürlichen Glauben förderte. Auch indem Bereich gibt es also keine Hinweise darauf, dass es hier einen direkten Zusammenhang zwischen kognitiver Fähigkeiten und dem Glauben an das Übernatürliche gibt.”
Vor dem Hintergrund dieser neuen Beobachtungen zweifeln die Wissenschaftler daran, dass der Glaube als intuitiv oder von Natur aus angeboren erklärt werden kann.
Vielmehr stütze das Studienergebnis die Theorie von Religion und Glaube an das Übernatürliche als eine Frage äußerer Umstände und sozio-kultureller Prozesse wie Erziehung und Bildung.
“Was treibt also unseren Glauben an Götter an? Intuition oder Vernunft, Herz oder Kopf?”, stellt Farias abschließend erneut zur Diskussion. “Wir glauben nicht, dass Menschen schon ‘gläubig geboren’ werden und wir unseren Glauben so unweigerlich und früh erlernen, wie unsere Muttersprache. Vielmehr zeigen die vorhandenen soziologischen und historischen Daten, dass das, was wir Glauben, hauptsächlich von sozialen und Bildungsfaktoren, aber nicht von kognitiven STYLES wie intuitivem oder analytischen Denken abhängig ist. (…) Religiöser Glaube scheint hauptsächlich der jeweiligen Kultur und nicht dem intuitiven, dem Bauchgefühlt zu entspringen.”
Quellen ©: Fachjournal “Nature Scientific Reports” (DOI. 10.1038/s41598-017-14090-9)
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