Samstag, 17. August 2019

🧠Warum wir alle rassistisch sind - auch wenn wir es nicht wollen


Wie und warum entsteht die neue Fremdenfeindlichkeit?
Fremdes Aussehen macht uns Angst!
Beispiel: Sie fahren mit der U-Bahn ein arabisch aussehender Mann mit Vollbart und Aktentasche steigt ein und stellt sich neben Sie. Viele von uns ertappen sich in dieser Situation dabei, wie sich in ihrem tiefsten Inneren ein mulmiges GefĂŒhl breit macht. Verstohlen werfen sie dann vielleicht einen Seitenblick auf den VollbĂ€rtigen. Gleich darauf ist man zumeist wĂŒtend auf die aufkommenden Gedanken, die Emotionen und Ängste die ganz automatisch aus unserem Unterbewusstsein heraus entstehen. Rational betrachtet weiß jeder, dass solche Gedanken und Emotionen Unsinn sind. Ein Vorurteil hat sich in unser Gehirn eingebrannt. Die Berichterstattung ĂŒber die TerroranschlĂ€ge in mehreren EuropĂ€ischen LĂ€ndern, wie z.B. Deutschland, Frankreich und England haben ihren Teil zu diesen unbewussten Reaktionen beigetragen, sie hat die Urangst "Xenophobie" in unseren entwicklungsgeschichtlichen alten Hirnbereichen aktiviert.

Xenophobie findet sich in wirklich jeder Kultur
Ein alter Gehirnmechanismus macht uns auch heute noch zu schaffen: Die Angst vor dem Fremden schlummert in jedem von uns (ob wir es wissen, oder nicht). In der Menschheitsgeschichte waren viele Ängste ein Überlebensvorteil – auch die Angst vor dem Fremden, vor Menschen die nicht so aussahen wie die Menschen unserer Sippe. Eine andere Hautfarbe, ein anderes Aussehen, eine andere Religion, aber auch schon eine andere Sprache schaltet Teile des Gehirns ganz automatisch auf Alarm - Vorsicht!

Es geht dabei um eine Urangst, sagen die Neurologen und Angstforscher, in der Fachsprache heißt diese Angst "Xenophobie", die Angst vor dem Fremden, sie war frĂŒher einmal ĂŒberlebenswichtig.

Xenophobie: Diese alte Abwehrhaltung ist uns angeboren.
Normalerweise bemerken wir sie nicht, aber durch die FlĂŒchtlingsströme, durch Einwanderer aus dem nahen Osten und Afrika wird diese alte angeborene -also im Gehirn festverdrahtete- Angst reaktiviert. Ein großes Problem der UrĂ€ngste ist, dass sie -wie auch alle anderen UrĂ€ngste- in einem primitiven Teil unseres Gehirns wie z.B. der Amygdalae entstehen. Und UrĂ€ngste lassen sich nur schwer durch die intelligenteren Teile des Gehirns steuern. Das macht sie auch so gefĂ€hrlich.

Eine Mischung aus UrĂ€ngsten und rationalen Überlegungen
Neben einigen VernunftgrĂŒnden, die z.B. fĂŒr eine EinschrĂ€nkung der Zuwanderung sprechen, neben der Angst vor Gewalt und TerroranschlĂ€gen ist also die im Gehirn angelegte Urangst die Fremdenangst (Xenophobie) der Auslöser fĂŒr unser mulmiges GefĂŒhl Fremden gegenĂŒber. Dazu kommen zusĂ€tzlich noch ExistenzĂ€ngste, Angst um ArbeitsplĂ€tze, Angst um die eigene Pension  etc., all das wirkt zusammen. ... 

Die Xenophobie ist zum Großteil an den Ängsten der Bevölkerung schuld und bestimmte Gruppen nĂŒtzen diese (die ja wie schon gesagt in jedem steckt) aus, um die angeborene Fremdenangst bewusst fĂŒr ihre Zwecke nutzen! Auch darĂŒber sollte man in einem ruhigen Augenblick nachdenken.
Dabei darf man aber auch berechtigte Sorgen nicht mit einer Urangst verwechseln. In der jetzigen Situation weiß niemand, was passieren wird, ein einfaches "das Schaffen wir" kann auch schon wieder Angst machen. Angst, dass unsere Politiker und ihre Berater selbst nicht wissen wie sie mit den aktuellen Problemen umgehen können.

Hasspostigs - wird noch mehr Zensur helfen?
Auch viele spontane, unĂŒberlegte Hasspostings (von allen Seiten) sind auf die Einwirkungen der Urangst der Fremdenangst also der Xenophobie zurĂŒckzufĂŒhren. Zensurieren, löschen und auch mitunter bestrafen wird hier nicht viel nĂŒtzen. Wahrscheinlich ist, dass die betreffenden Personen ihre AktivitĂ€ten nur in andere, weniger ungefĂ€hrliche Bereiche verlagern werden. Dorthin wo sie sich unbeobachtet fĂŒhlen. Auch in diesen FĂ€llen wĂ€re es besser aufklĂ€rend zu wirken, zu erklĂ€ren dass wir alle diese UrĂ€ngste haben und dass man sich von diesen nicht zu unĂŒberlegten Handlungen verfĂŒhren lassen sollte.

Die Aufgabe der Wissenschaft
Die Angst nicht gewinnen lassen!
Hier geht es also auch um Wissenschaft, um das Verstehen was in unseren Gehirnen, in den unbewussten Hirnbereichen ablĂ€uft. Wissenschaftliche ErklĂ€rungen sind aber natĂŒrlich nur wissenschaftliche ErklĂ€rungen und sollen keine moralischen Rechtfertigungen sein. Wissenschaft ist und war nie eine Moralphilosophie. Was hilft gegen die Urangst Xenophobie? Gegen diese Urangst hilft die Entwicklung von mehr Empathie. Mehr Empathie auf allen Seiten. Auch von den FlĂŒchtlingen und Zuwanderern wĂ€re mehr Empathie wĂŒnschenswert. Mehr Empathie ist eine positive Bewusstseinserweiterung, die uns helfen kann besser zusammen zu leben und mit den alten Ängsten besser fertig zu werden.

Das Wichtigste ist, zu wissen warum.
Alleine schon dass wir wissen dass es die Xenophobie die Fremdenangst in jeden von uns tief verborgen in unseren Gehirnen gibt, kann uns dabei helfen mit dieser Urangst besser umzugehen. Dieses Wissen kann uns helfen, dass wir von dieser Form der Angst nicht einfach ĂŒberrumpelt werden und dass wir nach einem möglichen Auftreten dieser Angst logisch nachdenken sollten. Noch bevor wir etwas sagen, posten oder bevor wir unter dem Einfluss der Xenophobie handeln. Verstehen wir diese Angst, sind wir auch weniger gut durch Massenmedien, Gruppierungen oder andere Personen zu manipulieren. Uns muss also klar werden: Emotional leben wir zum Teil noch in der Steinzeit und das ist eine schwere evolutionsgeschichtliche Belastung, die wir vor allem verstehen mĂŒssen.

Es liegt an uns
Es liegt an uns, es liegt in unserer Verantwortung, wie wir mit solchen UrĂ€ngsten und Assoziationen umgehen, es liegt an unserem Verstand entsprechend zu reagieren. Entscheiden wir uns fĂŒr mehr Empathie? Oder lassen wir durch andere mehr Öl ins Feuer unserer ererbten Urangst gießen. Es bleibt letztendlich unsere bewusste Entscheidung, wie wir uns als Menschen weiterentwickeln wollen, wie wir mit verallgemeinerten GedankengĂ€ngen ĂŒber Menschengruppen umgehen wollen und wie weit wir uns von unseren UrĂ€ngsten steuern lassen.
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Eine Studie der UniversitĂ€t Cork wirft ein ganz neues, zusĂ€tzliches Licht auf die Xenophobie.
Im Fachjournal „Nature: Molecular Psychiatry“ (DOI: 10.1038/mp.2017.100) wird erlĂ€utert, dass auch unsere Darmflora fĂŒr die StĂ€rke der erlebten Angst verantwortlich sein kann. Eine Beteiligung des Bauchhirns: Ein BauchgefĂŒhl -aus dem Nervenzentrum des Solarplexus- ausgelöst durch die molekulare Biochemie im Darm, ist an einem möglichen „hyperaktiven Angst-Zustand“ beteiligt. Die neue Forschung zeigte: Je keimfreier, umso weniger macht uns die Angst zu schaffen. Das Mikrobiom reguliert die von der Amygdala abhĂ€ngige Angst. Unsere ErnĂ€hrungsgewohnheiten sind also mitbeteiligt an der aktuellen Angst.

Quellen: IPN-Forschung, Nature, u.a.
Bildquellen: pixabay
Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Fremdenfeindlichkeit
Link: http://www.nature.com/mp/journal/vaop/ncurrent/full/mp2017100a.html