Wer seine Mahlzeiten hastig hinunterschlingt, entwickelt eher krankhaftes Übergewicht. Diesen Zusammenhang bestätigen japanische Forscher in einer großangelegten Auswertung der Daten von rund 60.000 Menschen.
Langsam und entspannt essen hilft bei Übergewicht! |
„Das ist die erste Studie in dieser Größe, die den Effekt der Essgeschwindigkeit untersucht“, kommentiert Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam die Untersuchung. „Das Ergebnis ist grundsätzlich plausibel, allerdings wird man die Stärke des Effekts relativieren müssen.“ Fragebogendaten seien grundsätzlich mit Unsicherheiten behaftet und es gebe zahlreiche Überlappungen mit anderen Einflussfaktoren, die sich mit den vorhandenen Daten nicht berücksichtigen ließen. Eine große Schwäche der Studie sei etwa, dass sie keine Angaben zur Art des Essens oder zur sportlichen Aktivität der Teilnehmer enthält. ...
Yumi Hurst und Haruhisa Fukuda von der Kyushu University in Fukuoka (Japan) hatten Gesundheitsdaten von Männern und Frauen über 40 Jahren ausgewertet, die bei einem Screening-Programm medizinische Check-ups durchlaufen und in Fragebögen Angaben zu ihrem Essverhalten gemacht hatten. Gut ein Drittel (36,5 Prozent) der Teilnehmer durchlief einen Check-up, knapp ein Drittel (29,6 Prozent) zwei und 20 Prozent drei. Alle Teilnehmer waren Diabetiker, die Teilnahme an dem Programm war freiwillig.
Schon Kinder sollten lernen in Ruhe zu essen! |
Die meisten Teilnehmer (33 455) beschrieben ihre Essgeschwindigkeit als „normal“. 22.070 gaben an, ihre Mahlzeiten meist schnell hineinzuschaufeln, nur wenige (4192), eher genüssliche Langsam-Esser zu sein. Einige Teilnehmer änderten im Verlauf des Untersuchungszeitraums zwischen 2008 und 2013 ihr Essverhalten.
In der Gruppe der Langsam-Esser waren überdurchschnittlich viele Frauen und deutlich weniger stark Übergewichtige als in der Gruppe der Normal- oder Schnell-Esser. Sie waren zudem schlanker um die Taille herum und hatten einen durchschnittlich niedrigeren Body-Mass-Index (BMI). ...
In der Gruppe der Langsam-Esser waren überdurchschnittlich viele Frauen und deutlich weniger stark Übergewichtige als in der Gruppe der Normal- oder Schnell-Esser. Sie waren zudem schlanker um die Taille herum und hatten einen durchschnittlich niedrigeren Body-Mass-Index (BMI). ...
Dieser Wert beschreibt das Verhältnis von Körpergewicht zu Körperoberfläche. In Deutschland und vielen anderen Ländern gilt als übergewichtig, wer einen Wert über 25 hat. Bei einem BMI über 30 spricht man von fettleibig oder adipös. Im Studienland Japan beginnt Adipositas bei einem BMI von 25.
Unter Berücksichtigung verschiedener Einflussfaktoren wie Alter oder Medikamenteneinnahme ermittelten die Wissenschaftler, dass Normal-Esser eine um 29 Prozent reduzierte Wahrscheinlichkeit hatten, krankhaftes Übergewicht zu entwickeln als Schnell-Esser. Bei Langsam-Essern war die Wahrscheinlichkeit um 42 Prozent geringer. In tatsächlich gemessenem Taillenumfang waren die Unterschiede klein: Im Vergleich zu Schnell-Essern schrumpfte er bei Normal-Essern um 0,21 Zentimeter, bei Langsam-Essern um 0,41 Zentimeter. Nichtsdestotrotz zeige die Untersuchung, dass eine Senkung der Essgeschwindigkeit dabei helfen kann, das Körpergewicht zu regulieren und einen zu hohen BMI zu verhindern.
Als einen Grund für den Zusammenhang vermuten die Forscher, dass Schnell-Esser „über den Hunger essen“ - sie futtern also noch weiter, obwohl der Kalorienbedarf längst gedeckt und der Hunger gestillt ist. Langsam-Esser hingegen spürten rechtzeitig, dass sie satt sind, und nähmen so weniger Kalorien auf.
Die Forscher schränken ein, dass die Angaben zur Essgeschwindigkeit auf der Selbsteinschätzung der Teilnehmer beruhten und nicht objektiv ermittelt wurden. Zudem gehörten die Teilnehmer vermutlich zu einer eher gesundheitsbewussten Gruppe, da sie freiwillig an dem Programm teilgenommen hätten. Dies könne die Ergebnisse verzerren.
Allerdings bestätigen die neuen Daten vieles, was Ernährungsfachleute bereits heute empfehlen. So weist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihren „10 Regeln für eine vollwertige Ernährung“ darauf hin, dass langsames, bewusstes Essen den Genuss und das Sättigungsempfinden fördert. „Das Sättigungsgefühl wird unter anderem durch die Magendehnung beim Essen ausgelöst“, erläutert DIfE-Forscher Kabisch. „Allerdings entsteht es zu einem großen Teil auch im Kopf. Wer langsamer kaut und isst, schmeckt auch länger und nimmt intensiver wahr, dass er überhaupt isst.“
Wie schwierig es ist, einmal verlorene Kilos nicht wieder zuzulegen, zeigt eine zweite Untersuchung: Demnach müssen Übergewichtige sich nach dem Abnehmen darauf einstellen, auf lange Zeit ein starkes Hungergefühl zu bekämpfen, berichten Forscher im Fachblatt „American Journal of Endocrinology and Metabolism“. Catia Martins von der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim hatten in ihrer Studie 34 stark übergewichtige Patienten untersucht, die an einem Abnehmprogramm teilnahmen.
Sie verloren im Verlauf von zwei Jahren im Schnitt elf Kilogramm an Gewicht - allerdings mussten sie auch noch nach zwei Jahren mit einem stark erhöhten Hungergefühl klarkommen. Die Forscher fanden, dass dies mit dem „Hungerhormon“ Ghrelin zusammenhängt: „Jeder hat dieses Hormon, aber wenn man übergewichtig ist und dann Gewicht verliert, steigt der Hormon-Spiegel an“, erläutert Martins.
Zudem versuche der Körper auf das höhere Gewicht zurückzukommen und die gewohnte Kalorienzahl aufzunehmen - obwohl er für die normalen Körperfunktionen aufgrund des Gewichtverlusts längst weniger Kalorien braucht: „Jemand, der sein ganzes Leben 80 Kilo gewogen hat, kann mehr Kalorien aufnehmen als jemand, der 80 Kilo nach einer Diät wiegt. Der Unterschied liegt bei etwa 400 Kalorien - das entspricht einem guten Frühstück oder vier Bananen.“
Unser Tipp: Setzen Sie sich zum essen hin, essen Sie in Ruhe ohne Ablenkung (zum essen passt nur essen), meiden Sie Fastfood, lassen Sie sich Zeit, genießen Sie ihr Essen.
Bekannte Zusammenhänge
Die Studie bestätigte aber auch noch einige weitere Tipps, die nicht ganz unbekannt sind: Wer neben dem langsamen essen auf Snacks nach der Hauptmahlzeit verzichtet, nimmt eher ab. Selbiges gilt auch für eine frühe letzte Mahlzeit vor dem Schlafengehen(!) - das kennt man schon von der chinesischen Organuhr (siehe Medizin-Nobelpreis 2017). Wer mindestens zwei Stunden vor der Nachtruhe keine Hauptmahlzeiten mehr zu sich nimmt, konnte sein Gewicht im Normalfall leichter verringern – so wie auch das Fettleibigkeitsrisiko. Keinen Einfluss auf den Körpermasseindex hat allem Anschein nach der Verzicht auf das Frühstück (auch wenn es oft fälschlicherweise behauptet wird).
Die Studie bestätigte aber auch noch einige weitere Tipps, die nicht ganz unbekannt sind: Wer neben dem langsamen essen auf Snacks nach der Hauptmahlzeit verzichtet, nimmt eher ab. Selbiges gilt auch für eine frühe letzte Mahlzeit vor dem Schlafengehen(!) - das kennt man schon von der chinesischen Organuhr (siehe Medizin-Nobelpreis 2017). Wer mindestens zwei Stunden vor der Nachtruhe keine Hauptmahlzeiten mehr zu sich nimmt, konnte sein Gewicht im Normalfall leichter verringern – so wie auch das Fettleibigkeitsrisiko. Keinen Einfluss auf den Körpermasseindex hat allem Anschein nach der Verzicht auf das Frühstück (auch wenn es oft fälschlicherweise behauptet wird).
Der Nobelpreis für Medizin 2017 ging an Jeffrey Hall, Michael Rosbash und Michael Young für Arbeiten zur Funktion und Kontrolle der Inneren Uhr. |
Quellen ©: schwäbische, standard, Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE)
Link zur Studie: http://bmjopen.bmj.com/content/8/1/e019589
Bildquellen ©: Nobelpreis-org, pixabay