Um festzustellen zu können, ob Babys ihre Umwelt bewusst wahrnehmen, wenn sie weder reden, noch ihre eigenen Gedanken formulieren können, überprüften die Forscher ob die bei Erwachsenen beobachteten signifikanten neuronalen Marker (also Hirnsignale und Aktivitäten) des Bewusstseins auch bei Babys schon vorhanden sind.
Wie reagiert unser Gehirn auf Wahrnehmungen?
Neuere Forschungen hatten schon vor Kurzem gezeigt, dass das Gehirn von Erwachsenen in zwei Stufen auf die Wahrnehmung eines externen Ereignisses reagiert: "In den ersten 200 - 300 Millisekunden erfolgt die Wahrnehmungsverarbeitung komplett unbewusst und die Neuronenaktivität nimmt linear zu. Die zweite Stufe ist, entsprechend der Bewusstseinsschwelle, durch eine nicht-lineare Antwort gekennzeichnet. Nur wenn das Ereignis (z.B. die Präsentation eines Objektes) lange genug andauert, um diesen Schwellenwert zu erreichen, kommt es zu einer verzögerten Reaktion und einer bewussten Wahrnehmung." Nur diese verzögerte und nichtlineare Reaktion des Gehirns wird als neuronaler Marker des Bewusstseins betrachtet.
Ergebnis: Bei allen Altersgruppen konnten die Forscher die gleiche verzögerte und nichtlineare Reaktion wie bei Erwachsenen beobachten und so die Existenz dieser "neuronalen Signatur des Bewusstseins" auch bei Babys bestätigen. Allerdings betrage die Reaktionszeit bei Erwachsenen ca. 300 ms und setze bei Säuglingen deutlich später ein - nach mindestens 1 Sekunde bei den Jüngsten (das Gehirn hat scheinbar noch nicht genug Übung).
Zitat: "Diese Ergebnisse zeigen, dass die dem Wahrnehmungsbewusstsein zugrunde liegenden zerebralen Mechanismen bei Säuglingen bereits sehr frühzeitig vorhanden sind. Sie sind jedoch relativ langsam und werden erst im Laufe der Entwicklung immer schneller", so die Forscher um Dr. Sid Kouider im Fachmagazins "Science" (DOI: 10.1126/science.1232509, siehe Link unten).
Die Forschergruppe: Forscher vom Labor für kognitive und psycholinguistische Wissenschaften des französischen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS) an der Ecole Normale Supérieure in Zusammenarbeit mit Forschern des Instituts für Gesundheitswesen und medizinische Forschung "Neurospin".
Quellen: aviesan.fr, sciencema
LINK: http://www.sciencemag.org/content/340/6130/376.abstract
Anmerkung: Langsam müssen wir scheinbar unsere Vorstellung von Bewusstsein, Entstehen des Bewusstseins und auch der Wahrnehmungsprozesse überdenken.