Donnerstag, 6. Februar 2020

Unsere Vorstellungskraft kann die Wahrnehmung der Welt beeinflussen

Was ist die Realität? Hat sie mit unserer Vorstellung zu tun? 
Ein schon älterer Beitrag stimmt so manchen nachdenklich - nicht ohne Grund!

Im Zuge einer aktuellen Untersuchung kommen schwedische Wissenschaftler vom Karolinska Institut zu dem Schluss, dass unsere Vorstellungskraft die Art und Weise, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen, stärker beeinflussen kann als bislang gedacht. Zitat: "Das, was wir in unserem Kopf hören und sehen", kann unsere tatsächliche Wahrnehmung der Welt verändern."

Was wir im Kopf "hören" und "sehen" beeinflusst unsere Weltsicht
Wie die Wissenschaftler um Dr. Henrik Ehrsson und Dr. Christopher Berger im Fachjournal "Current Biology" berichten, werfe das Ergebnis ihrer neuen Studie ein ganz anderes, neues Licht auf die klassische Frage der Psychologie und der Neurowissenschaften. Die Untersuchung zeigt wie unser Gehirn die Informationen der unterschiedlichen Sinne kombiniert.

In Wirklichkeit ist alles anders: "Bisher glaubten wir, dass Dinge, die wir uns vorstellen und Dinge, die wir wahrnehmen, zwei deutlich voneinander getrennte Einheiten sind", so Berger. Doch das ist völlig falsch.

Ehrsson: "Unsere Studie zeigte, dass die Vorstellung etwa von einem Ton oder von einer Form die Art und Weise verändert, wie wir die Umwelt um uns herum wahrnehmen. Das geschieht auf ähnliche Weise, wie wenn wir einen Ton direkt hören oder eine bestimmte Form wirklich sehen.
Anm.: Das erklärt auch die große Macht die gute Visualisationstechniken und Suggestionen auf unser Gehirn und unseren Körper haben. 

Im Speziellen haben wir bei unseren Experimenten herausgefunden, dass das, was wir uns vorstellen zu hören, die Art und Weise verändern kann, wie wir etwas tatsächlich sehen. Umgekehrt verändert das, was wir uns vorstellen zu sehen das, was wir tatsächlich wirklich hören."

Die Studie der Forscher bestand aus einer Reihe von Experimenten, die sich Wahrnehmungsillusionen (Bild rechts) bedienten, anhand derer die sensorischen Informationen eines Sinnes, durch die Wahrnehmung mittels eines anderen Sinnes verändert oder verzerrt wird.

Hintergrund: In einem ersten Experiment erlebten die Teilnehmer die Illusion einer Kollision zweier eigentlich aneinander vorbeiziehender Objekte, wenn sie sich in dem Moment, in dem sich die beiden Objekte knapp annähern, einen knallenden Ton vorstellen sollten.

In einem zweiten Experiment wurde die räumliche Wahrnehmung der Teilnehmer in einer bestimmten Richtung beeinflusst, in welcher sie das kurze Auftauchen eines weißen Kreises erwarteten. In einem dritten Experiment wurde die Wahrnehmung dessen, was eine Person sagte, von ihrer Vorstellung eines bestimmten Klangs verändert.

Laut den Wissenschaftlern sind die aktuellen Forschungsergebnisse hilfreich für ein Verständnis der Mechanismen, die bei psychischen Erkrankungen auftreten z. B. wenn das Gehirn nicht mehr zwischen den eigenen Gedanken und der Realität unterscheiden kann – etwa bei Schizophrenie. Ein anderes Gebiet das durch diese neue Wahrnehmungsforschung befruchtet wird, ist die Erforschung und Entwicklung von Hirn-Computer-Interfaces, die z.B. gelähmten Personen dabei behilflich sein sollen, alleine durch ihre Vorstellungskraft Geräte zu bedienen.

Resumee: "Das ist die erste Anordnung von Experimenten, die eindeutig aufzeigt, dass sensorische Signale, die von der Vorstellung einer Person erzeugt werden, ausreichend stark sind, um deren Wahrnehmung von der echten Welt zu beeinflussen und zu verändern", so Ehrsson.
Quelle: Current Biology, Christopher C. Bergersend, H. Henrik Ehrsson
Links: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982213007033
und http://www.cell.com/current-biology/retrieve/pii/S0960982213007033
und http://www.sciencedaily.com/releases/201/06/130627125156.htm