Die Störungen der Superregion im Gehirn = Dysexekutives Syndrom ("Frontalhirnsyndrom")
Verletzung
(Läsionen) und zu schwache Entwicklung der präfrontaler Gehirnabschnitte
(Stirnhirnbereiche) können zu einem sog. „Frontalhirnsyndrom“ oder „Dysexekutiven Syndrom“ führen.
Dabei handelt es sich jedoch um keine genau definierte Symptomkonstellation, sondern um ein sehr heterogenes Krankheitsbild unterschiedlichster Störungen, das von Patient zu Patient extrem verschieden sein kann. Daher ist die Begrifflichkeit „Frontalhirnsyndrom“ aktuell nicht befriedigend. Vorzuziehen ist eher eine Beschreibung der Symptomkonstellation
(s.u.).
Allgemein schreibt man dem präfrontalen Kortex die wichtigste Analyse- und Überwachungsfunktion zu.
Daher wurde für ihn auch der Begriff „supervisory attentional system“
(SAS) eingeführt. Von hier aus wird also die Aufmerksamkeit bzw. Konzentration koordiniert und gesteuert. Von diesen Hirnbereichen besteht ein dichtes Netzwerk zu vielen anderen Hirnteilen. Auf Basis dieser hohen Vernetzung mit auch primitiveren Hirnarealen
(z.B. auch mit der Amygdala) können unterschiedlichste Informationen analysiert, bewertet, „verrechnet“ und die Ergebnisse wieder zurück gesendet werden - ähnlich dem zentralen Prozessors
(CPU) eines Computers. Aufgrund der zahlreichen präfrontalen Verbindungen zu anderen Gehirnstrukturen können auch Verletzung oder Ausfälle in anderen Hirnabschnitten zu einem Frontalhirnsyndrom führen, z.B. bei Störungen des Thalamus, des kortikale oder subkortikale limbische Strukturen, der Basalganglien.
Man unterscheidet zwei Bereiche des präfrontalen Kortex (kurz = PFK).
* dorsolateraler präfrontaler Kortex: hier befinden sich vorwiegend kognitive Funktionen, z.B. problemlösendes Denken oder Vorausplanen (die Intelligenz einer Person).
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Frontaler Kortex = rot |
* orbitofrontaler Kortex: dieser Hirnteil wird mit der Regulation emotionaler Prozesse und anderen psychischen Funktionen bzw. Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung gebracht. (Sitz des „ICHs“ einer Person)
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orbitofrontaler Kortex = rot |
Allgemein hat der PFK die Funktion, das Verhalten des Menschen flexibel und zweckmäßig an neue Anforderungen des Lebens anzupassen.
Sowohl der Begriff "Dysexekutives Syndrom" als auch die Bezeichnung "Frontalhirnsyndrom" sind in der Fachwelt umstritten. Eine Gleichsetzung sollte auf jeden Fall vermieden werden, da beide Begriffe unterschiedliche Intentionen haben. So zielt die Bezeichnung "Dysexekutives Syndrom" auf Störungen von diversen kognitiven Funktionen, während die Bezeichnung "Frontalhirnsyndrom" die Lokalisation einer Schädigung angibt. Bei Schäden im Frontalhirn müssen aber nicht in jedem Fall exekutive Funktionen betroffen sein, und zu Störungen exekutiver Funktionen kommt es nicht nur bei Schäden im Frontalhirn, da auch die ungestörte Funktionsfähigkeit anderer Bereiche des Gehirns
(z.B. der Thalamus = Tor des Bewusstseins) für die exekutiven Funktionen erforderlich ist.
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Thalamus - Tor des Bewusstseins |
Kognitive Störungen nach Schädigung des dorsolateralen Kortex
Das Supervisory Attentional System
(SAS) ist nicht mehr dazu in der Lage, Handlungen des Menschen flexibel auf neue Situationen einzustellen
(kognitive Flexibilität). Das problemlösende Denken und eine vorausschauende Handlungsplanung sind z.T. massiv gestört. Irrelevante
(Umwelt-)Reize können nicht mehr von relevanten unterschieden werden. Es findet keine ausreichende Analyse mehr statt. Bei einfachen Routinehandlungen dagegen zeigen sich i. d. R. keinerlei Probleme. "Frontalhirn"geschädigte sind hier zumeist unauffällig: z.B. Einkaufen von alltäglichen Dingen, Frühstück oder Abendessen richten, Wahrnehmen von Arztterminen usw.
Folgende kognitive Störungen können im Rahmen eines dysexekutiven Syndroms auftreten und mit unterschiedlichen Tests erfasst werden:
* unzureichende Problemanalyse
* unzureichende Extraktion relevanter Merkmale
* unzureichende Produktion von Ideen
* Haften an (irrelevanten) Details
* mangelnde Umstellungsfähigkeit und Hang zu Perseverationen
* Regelverstöße
* Einsatz planungsirrelevanter Routinehandlungen
* verminderte Plausibilitätskontrollen
* keine systematische Fehlersuche
* Alternativpläne werden kaum entwickelt
* handlungsleitendes Konzept geht verloren
* Schwierigkeiten beim gleichzeitigen Beachten mehrerer Informationen (Arbeitsgedächtnis)
* Handlungskonsequenzen werden nicht vorhergesehen
* kein Lernen aus Fehlern
* vorschnelles Handeln
* rasches Aufgeben bei Handlungsbarrieren
Mögliche Verhaltensstörungen nach Schädigung des orbitofrontalen Kortex
Bei Schädigungen des
orbitofrontalen Kortex oder damit assoziierter Hirnareale kann es zu unterschiedlichen Verhaltensauffälligkeiten kommen. Man spricht auch von neuropsychiatrischen Störungen. Die Fachliteratur unterscheidet zwischen inhibitorischen und disinhibitorischen Symptomen. Diese können wiederum auf verschiedenen Ebenen beschrieben werden. Welche Symptomkonstellation auftritt, hängt von Ausmaß und Art der frontalen Hirnschädigung ab.
Depressiv-inhibitorischer Symptom-Komplex
* motorisch
o motorische Verlangsamung
o Sprechverarmung
* sensorisch
o mangelnde Reagibilität auf Umgebungsreize
* emotional-affektiv
o depressive Grundstimmung
o geringes Selbstwertgefühl
o Selbstablehnung
o Gefühllosigkeit
* Behavioral
o Appetit- und Gewichtsverlust
o Energie- und Interessenverlust
o sozialer Rückzug
* kognitiv
o Entscheidungsunfähigkeit
o "Pseudodemenz"
o Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen
* biozyklisch
o Schlafstörungen
o Müdigkeit
Disinhibitorischer Symptom-Komplex
* motorisch
o Hyperaktivität
o motorische Unruhe
o gesteigerte Sprechaktivität
(Logorrhöe)
* sensorisch
o Halluzinationen
* emotional-affektiv
o manische, euphorische Grundstimmung
o paranoide Wahnvorstellungen
o Selbstüberschätzung
o Größenwahn
o Aggressionsausbrüche
o pathologisches Lachen und Weinen
* Behavioral
o Hyperphagie
o orales Explorationsverhalten
o Hypersexualität
o ungerichtete Aktivitätssteigerung
o Distanzlosigkeit
o Nichtbeachtung sozialer Konventionen
* kognitiv
o verstärkte Ablenkbarkeit
o Ideenflucht
o Aufmerksamkeits-, Konzentrationsstörungen
* biozyklisch
o vermindertes Schlafbedürfnis
Literatur
* Herrmann, M., Starkstein, S.E. & Wallesch, C.W. (1999). Neuropsychiatrische Störungen in der Neurorehabilitation. In: Peter Frommelt & Holger Grötzbach (Hrsg.): NeuroRehabilitation. Grundlagen, Praxis, Dokumentation. Berlin: Blackwell Wissenschafts-Verlag.
* Koch, J. (1994). Neuropsychologie des Frontalhirnsyndroms. Weinheim: Beltz
* Matthes-von Cramon, Gabriele (1999). Exekutivfunktionen. In: Peter Frommelt & Holger Grötzbach (Hrsg.): NeuroRehabilitation. Grundlagen, Praxis, Dokumentation. Berlin: Blackwell Wissenschafts-Verlag.
* Matthes-von Cramon, G. & von Cramon, D.Y. (2000). Störungen exekutiver Funktionen. In: W. Sturm, M. Hermann, C.-W. Wallesch. Lehrbuch Klinische Neuropsychologie. Swets.
* Förstl, Hans (Hrsg.), Frontalhirn - Funktionen und Erkrankungen, Verlag Springer Berlin, ISBN 3-540-20485-7
* Goldberg, Elkhonon: Die Regie im Gehirn - Wo wir Pläne schmieden und Entscheidungen treffen, ISBN 3-935767-04-8
Quelle(n): http://de.wikipedia.org/wiki/Frontalhirn und andere …
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Siehe auch Theta-X Workshop:
Seminaranmeldungen: http://www.ilm1.com/seminare-c-10.html (hier finden Sie die aktuellen Seminartermine und Anmeldemöglichkeit)
Theta-X Webseite: http://www.theta-x.com/