Dienstag, 8. November 2011

Studie: Viele graue Zellen – viele Facebook-Freunde

Neurologie
Forschung: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Struktur bestimmter Hirnbereiche und der Größe des Freundeskreises im sozialen Netzwerk Facebook





Rund 800 Millionen Menschen sind derzeit bei dem sozialen Netzwerk Facebook angemeldet. Manche sind dort nur mit einigen wenigen befreundet, andere zählen mehrere Hundert Personen zu ihrem Freundeskreis. Wissenschaftler der London’s Global University haben nun herausgefunden, dass sich dieser Unterschied in der Struktur des Gehirns widerspiegelt: Menschen mit großem virtuellen Freundeskreis haben demnach mehr graue Zellen in Gehirnbereichen, die das Gedächtnis und Emotionen steuern.

Für den Großteil der Bevölkerung ist das Internet inzwischen eine Selbstverständlichkeit: Etwa eine Stunde am Tag verbringen Deutsche durchschnittlich vor dem heimischen Computer. Immer mehr Zeit widmen sie dabei sozialen Netzwerken wie Facebook. Wissenschaftler versuchen nun herauszufinden, inwieweit diese veränderte Mediennutzung sich im Gehirn widerspiegelt. In diesem Zusammenhang hat die Forschergruppe der UCL (London’s Global University) um Geraint Ress und Ryota Kanai eine spannende Entdeckung gemacht.

Die Wissenschaftler ließen 46 Studenten verschiedene Fragen zu ihren Facebook-Kontakten beantworten, beispielsweise von wie vielen sie eine Einladung zum Geburtstag bekommen, aber auch wie viele Personen in ihrem Telefonbuch stehen und zu wie vielen Schul- und Studienfreunden sie noch Kontakt haben. Zudem fertigten die Forscher einen Hirnscan der einzelnen Probanden an, um Informationen über die Strukturen bestimmter Hirnbereiche zu erhalten.

Ergebnis: Diejenigen, die eine große Zahl an Facebook-Freunden haben, weisen in der Amygdala, der „Mandel“, mehr graue Materie auf. Dieser Teil des Gehirns ist hauptsächlich für die Entstehung von Angst, aber auch für die Wahrnehmung von anderen Empfindungen zuständig.

Amygdale in linker und rechter Hirnhälfte rot eingefärbt

Einen ähnlichen Zusammenhang stellten Wissenschaftler kürzlich bei realen Freundschaften fest. „Unsere Ergebnisse unterstützen die These, dass die meisten Facebook-User die Plattform eher nutzen, um bereits bestehende soziale Beziehungen zu pflegen, als völlig neue Netzwerke aufzubauen“, interpretiert Geraint Rees. Dabei weist der Neurologe darauf hin, dass es sich zwar um eine eindeutige Korrelation handelt, Ursache und Wirkung müssten aber noch geklärt werden. Das heißt es ist weiter unklar, ob Menschen mit besonders vielen Nerven in der Amygdala sich viele Freunde zulegen, oder ob die Hirnstruktur sich erst dadurch verstärkt, dass sie viele Freunde haben. „Die Antwort wird auch einen Hinweis darauf geben, ob sich diese Strukturen mit der Zeit verändern – und das hilft zu beantworten, ob das Internet unser Gehirn beeinflusst oder nicht“, sagt Ryota Kanai.

Quelle: Ryota Kanai (UCL London’s Global University) et al.: Proceedings oft he Royal Society, doi: 10.1098/rspb.2011.1959, LINK: http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/early/2011/10/12/rspb.2011.1959