Frauen steht die Angst, schlechter zu sein, im Weg.
Eine neue Studie des Virginia Tech Carilion verdeutlicht, dass sich weibliches Talent in der Konkurrenz oftmals versteckt oder gar verloren geht. Wissenschaftler des Virginia Tech Carilion – School of Medicine and Research Institute untersuchten den Einfluss des Gruppendrucks auf die Leistung von 69 Studenten und Studentinnen zweier US-amerikanischen Universitäten. Die Studie zeigte, dass besonders Frauen ihr Potenzial nicht voll ausnutzen konnten, wenn sie sich mit anderen messen mussten. Trotz eines hohen Intelligenzquotientens (IQ) erbrachten sie schlechtere Leistungen als die männlichen Probanden.
Gesellschaftliches Feedback hat einen ausschlaggebenden Effekt
Kleine Gruppendynamiken, wie beispielsweise Tarifverhandlungen, Cocktail-Partys oder auch die Jury-Tätigkeit in den Vereinigten Staaten von Amerika, können den Ausdruck von Intelligenz bei emfindlichen Menschen erheblich beeinflussen. „Man scherzt darüber, dass man sich in Firmenbesprechungen oft hirntot fühlt, aber unsere Untersuchung zeigt, dass man sich dadurch auch genauso verhalten könnte“, sagt Read Montagu, Leiter der Erhebung.
Gruppendruck nimmt Einfluss auf geistige Fähigkeiten
„Welche dramatischen und unerwarteten Auswirkungen selbst kleinste soziale Äußerungen in einem Gruppen-Umfeld auf die individuellen kognitiven Leistungen haben können, werden in dieser Studie deutlich“, so Kenneth Kishinda, einer der leitenden Autoren der Studie. „Und durch die Bildgebung des Zentralen Nervensystems waren wir in der Lage, die starken neuronalen Antworten, die soziale Auslöser hervorrufen, zu dokumentieren.“
Im Zuge der Studie begannen alle Probanden mit einem individuellen Standard-IQ-Test. Jeder der Teilnehmer, männlich wie weiblich, erzielte überdurchschnittliche Ergebnisse von 126 IQ-Punkten. Der Standard beträgt 100 IQ-Punkte. Diese Resultate wurden den Probanden jedoch nicht mitgeteilt. In einem zweiten Durchgang unterzogen sich diese – in Gruppen á fünf Personen – einem weiteren IQ-Test. Von jeweils zwei Personen der Gruppe wurde währenddessen die Gehirnaktivität mittels der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI) analysiert.
Der Druck steigt
Die Resultate des Gruppen-IQ-Tests waren öffentlich. Die Kenntnis darüber setzte die Teilnehmer unter Druck: Die Probanden würden am Ende erfahren, wie sie im Vergleich der restlichen Gruppe abgeschnitten hatten. Eine Aufteilung nach den erbrachten Ergebnissen der Forscher zeigte, dass der Intelligenzquotient der schwächeren Gruppe durchschnittlich 17 IQ-Punkte unter dem Ausgangs-IQ – im Schnitt circa 126 Punkte – lag. Die Anzeichen über ihren Status innerhalb der kleinen Gruppe ließen die kognitiven Leistungen schwanken.
Bei den 27 Teilnehmern, deren Gehiraktivität mit dem fMRI gemessen wurde, fiel der Unterschied noch stärker aus, vor allem bei den Frauen. Zehn von dreizehn Frauen waren in der unterdurchschnittlichen Gruppe. Jedoch erzielten sie im individuellen IQ-Test eine ähnlich hohe Leistung wie die Männer!
Es zeigte sich die Amygdala ist schuld daran
Es wurde deutlich, dass bei allen Testpersonen die Amygdala besonders aktiv war. Die Amygdala ist ein Kerngebiet des Gehirns im medialen Teil des Temporallappens. Sie wird auch als der Mandelkern bezeichnet. Die Amygdala (es gibt 2 davon, je links und rechts) verbindet Gefühle mit Ereignissen und ist wesentlich an der Entstehung von Angst beteiligt.
Amygdala rot markiert |
Die Teilnehmer mit schlechteren Resultaten konnten eine Versagens-Angst nicht überwinden. Diese hinderte sie am Weg zur erfolgreichen Lösung der Aufgaben. Bei den Probanden mit besseren Ergebnissen verringerte sich die Aktivität der Amygdala im Laufe des Tests. Die Neuronen des präfrontalen Cortex (im Stirnhirn) arbeiteten dafür verstärkt, wodurch sie besser in der Lage waren, Probleme zu lösen. Ob sich da nicht ein Training des präfrontalen Cortex anbietet, z.B. Theta-X mit Neurostimulation?
Was erklärt den Geschlechterunterschied?
Die Forscher hatten nicht mit einem Zusammenhang zwischen Geschlecht und Leistung gerechnet. In der Universität sowie im Berufsleben werden (sehr oft) Leistung und Problemlösungs-Fähigkeit in Gruppen unter Beweis gestellt. Möglicherweise „übersehen wir durch unser Konkurrenzdenken einen großen Teil unserer Talente“, so Kishinda. Das Alter oder die ethnische Herkunft der Testpersonen wiesen keinen Zusammenhang mit der Leistung oder Gehirnreaktion auf, so die Studie. „Allerdings wissen wir nicht, wie viele Einflüsse dieser Effekte tatsächlich in einem realen Umfeld präsent sind“, sagt der Autor der Studie, Kenneth Kishinda.
Wegweisend für die Forschung der Zukunft
„Aber man sollte in zukünftigen Forschungen auch die gegebenenfalls schädigende Wirkung der Zuweisung einer gesellschaftlichen Stellung und den Zusammenhang mit bestimmten Nervensignalen betrachten. Das Hauptaugenmerk sollte auf den Wettbewerbs-Charakter gelegt werden. Es fehlt ein gewaltiger Anteil der Talentschmiede durch eine nachlassende Leistung während Stresssituationen. Es gibt sicherlich Alternativstrategien für Menschen die sehr empfänglich für gesellschaftlichen Druck sind“, so Kishinda ferner.
Steven Quartz, ein weiterer Autor der Studie, betonte außerdem, dass keine klare Grenze zwischen der sozialen und kognitiven Abwicklung im Gehirn gezogen werden könne. „Beide Bereiche haben eine starke Wechselwirkung.“ Sehr viele Aspekte der Gesellschaft fänden in Gruppen-Interaktionen statt. „Das Verständnis darüber, wie unsere Gehirne auf das soziale Kräftespiel reagieren, ist ein wichtiger Aspekt der zukünftigen Forschung. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass eine solche gesellschaftliche Dynamik nicht nur auf Lern- und Arbeitsumfelder Einfluss nimmt, sondern auch nationale und internationale Ebenen wie Politikgremien, beispielsweise die United Nations, erreicht“, so Kenneth Kishinda abschließend.
Quelle: Virginia Tech Carilion – School of Medicine and Research Institute (und Royal Society Publishing) LINK: http://rstb.royalsocietypublishing.org/content/367/1589/704.full und http://healthland.time.com/2012/01/26/how-small-groups-sap-intelligence-especially-in-women/