Der Mensch ist ein soziales Wesen - aber nicht immer, wie Versuche zeigen: Bauchentscheidungen fallen meist zum Wohl der Allgemeinheit aus. Die Vernunft weckt hingegen den Egoismus.
Nachdenken macht auch egoistisch |
Das Ergebnis einer Studie die soeben ein Team um den Harvard-Psychologen David Rand veröffentlicht hat zeigt erstaunliches.
Rand wollte wissen, ob unsere Anlage zu kooperativem Verhalten eher vom Bauchgefühl oder vom Verstand geleitet wird.
Um das herauszufinden, rekrutierte er mit seinen Kollegen (darunter übrigens auch der österreichische, ebenfalls in Harvard tätige Biomathematiker Martin Nowak) 212 Probanden auf dem Online-Marktplatz Amazon Mechnical Turk http://aws.amazon.com/de/mturk/ . Diese nahmen an einem sogenannten Public Goods Game http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Goods_Game teil, das wie folgt ablief: Je vier Teilnehmer bildeten eine Gruppe, deren Mitgliedern 40 Dollar ausgehändigt wurden. Davon konnten sie einen beliebigen Prozentsatz in einen Topf werfen, wo sämtliches Geld verdoppelt und - durch vier geteilt - wieder an alle Mitglieder verteilt wurde. Investieren bei diesem Setting alle Mitglieder in den öffentlichen Topf, beträgt der Gewinn pro Person 40 Dollar. Allerdings kann man als Egoist den Gewinn noch steigern, indem man das eigene Geld zurückbehält, die anderen zahlen lässt - und den gemeinsamen Profit dennoch einstreift.
Sozial durch Zeitdruck bzw. schnelle Entscheidungen
Rand fand heraus, dass die Geschwindigkeit der Entscheidung das Ergebnis beeinflusste: Die schnell entschlossene Hälfte der Probanden stellten im Schnitt zwei Drittel ihrer Ressourcen der Allgemeinheit zur Verfügung, bei den verbliebenen Zauderern waren es indes nur 53 Prozent.
Das Tempo ist deswegen interessant, weil wir in der Regel bei kurzfristigen Entscheidungen auf die Intuition zurückgreifen - was, wie der US-Psychologe und Nobelpreisträger in Wirtschaftswissenschaften, Daniel Kahnemann in seinem Bestseller "Thinking - Fast and Slow" argumentiert, unser Normalmodus zu sein scheint. Rationale Abwägung sollte jedenfalls mehr Zeit in Anspruch nehmen: Dass diese direkt für die Zunahme der Gier verantwortlich waren, hatte Rand damit noch nicht bewiesen.
Deshalb startete er eine zweite Versuchsrunde, bei der er die Probanden unter Zeitdruck setzte.
Und tatsächlich: Unter diesen Bedingungen agierten die Probanden tatsächlich sozialer. Das gleiche Ergebnis brachten Versuche, in deren Rahmen die Teilnehmer zunächst durch Denksportaufgaben zu intuitiver vs. rationaler Denkweise angehalten wurden.
Unser Bauchgefühl hat, so scheint es, vor allem seine Ursprünge in der Spontaneiät.
Und unsere soziale Ader ebenfalls. Ähnliches hatte der Ökonomie-Nobelpreisträger Herbert Simon bereits vor 20 Jahren vermutet. Er notierte 1992: "Intuition ist nicht mehr und nicht weniger als Anerkennung."
Quelle: Wissenschaftszeitschrift Nature "Spontaneous giving and calculated greed" in (doi: 10.1038/nature11467).
LINK: http://www.nature.com/nature/journal/v489/n7416/full/nature11467.html
Ergänzende - Zusatzinformation: http://www.nature.com/nature/journal/v489/n7416/extref/nature11467-s1.pdf (1,5 MB, PDF)
E-Mail - KONTAKT