Inhaltsstoff von Rotwein macht Autoimmun- und Viruserkrankungen bei Mäusen schlimmer
Es steckt in Rotwein und blauen Weintrauben und gilt als wahrer Gesundmacher: Der Inhaltsstoff Resveratrol soll Entzündungen hemmen und als Antioxidanz aggressive Zellschäden vemeiden helfen. Doch jetzt haben Forscher eine Schattenseite der Substanz aufgedeckt: Bei Mäusen mit Multipler Sklerose verschlimmert Resveratrol sogar die Nervenschäden und -entzündungen. Auch bei bestimmten Virusinfektionen verstärkt der Pflanzenstoff die Symptome. Forscher warnen daher vor unreflektierter Selbstmedikation mit der Substanz.
In roten Trauben enthalten: Resveratrol
"Länger und gesünder leben", "Hilfe gegen das Altern" - mit diesen und anderen Slogans preisen Hersteller in aller Welt inzwischen Resveratrol-Präparate an. Denn der sekundäre Pflanzenstoff soll wahre Wunder wirken: Krebszellen zerstören, die Zellen vor der Alterung schützen, als Fettkiller wirken und Diabetes vorbeugen. Sogar gegen bestimmte Viren soll der in Rotwein und blauen Früchten enthaltene Stoff helfen. Doch die Belege für diese Wirkungen sind eher dünn: Meist stammen sie aus Versuchen mit Zellkulturen, ob Resveratrol auch im Körper wirkt, ist nur für die wenigsten Effekte belegt - und selbst in diesen Punkten gibt es sich widersprechende Ergebnisse.
Fatale Verschlimmerung
Jetzt ist ein Team von US-Forschern zwei der angeblichen Wirkungen von Resveratrol näher auf den Grund gegangen: Sie prüften, ob der Pflanzenstoff tatsächlich antientzündlich wirkt und daher Autoimmun-Erkrankungen wie die Multiple Sklerose (MS) mildern kann. Für ihre Studie verabreichten Ikuo Tsunoda vom Louisiana State University Health Sciences Center in Shreveport und seine Kollegen Mäusen mit einer MS-ähnlichen Krankheit über acht Wochen lang entweder normales Futter oder aber Futter, das mit Resveratrol angereichert war.
Das Ergebnis: Bei den Mäusen, die Resveratrol erhalten hatten, entwickelte sich die Autoimmunkrankheit deutlich schneller und schlimmer als bei den Kontrolltieren. Während die Kontrolltiere sich nach einem Schub wieder erholten, blieben Lähmungen und Entzündungen im Gehirn und den Nerven bei den Resveratrol-Mäusen erhalten. Es gab auch keine Anzeichen dafür, dass das Resveratrol die Menge der Entzündungs-Botenstoffe im Körper der Tiere hemmte. Das Ausmaß, in dem Resveratrol die Demyelinisierung und Entzündung verschlimmerte, habe selbst sie überrascht, konstatieren die Forscher.
Kein Schutz vor Viren
Ähnliches ergab auch ein zweites Experiment, bei dem die Forscher prüften, ob der Pflanzenstoff gegen Viren schützen kann - wie teilweise behauptet. Dafür infizierten sie Mäuse mit einem Virus, das eine Enzephalitis auslöst und dabei MS-ähnliche Symptome hervorruft. Wieder wurde ein Teil der Tiere mit einer Resveratrol-reiche Diät gefüttert. Und wieder erwies sich der Pflanzenstoff als kontraproduktiv: Die Resveratrol-Mäuse erkrankten deutlich schwerer als die Kontrollmäuse, die normales Futter erhalten hatten, wie die Forscher berichten.
Nach Ansicht von Tsunoda und seinen Kollegen zeigt dies, dass der Pflanzenstoff nicht leichtfertig genommen werden darf und keineswegs harmlos ist. "Resveratrol kann einige Erkrankungen verschlimmern. Man sollte daher vor allem MS-Patienten davor warnen, diesen Stoff als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen", konstatiert der Forscher.
Quelle: The American Journal of Pathology, 2013, doi: 10.1016/j.ajpath.2013.07.006)
Link: Elsevier Health Sciences, 01.10.2013 - NPO