Sorgen und Ängste sind von jeher ein fester Bestandteile des menschlichen Lebens.
Doch seit Corona geht die Angst um.
Zu den körperlichen Folgen von Furcht und Angst gehört unter anderem, dass die Herzfrequenz steigt. Der Organismus wird in die Lage versetzt, schnell reagieren, das heißt zum Beispiel die Flucht ergreifen zu können. Je nachdem wie das Nervensystem arbeitet, gibt es unterschiedliche Angstreaktionen. Puls und Blutdruck steigen, die Atmung wird schneller, die Muskelspannung nimmt zu, die Verdauung setzt aus, Angriffs- oder Fluchthormone werden gebildet.
Der Sympathikotoniker reagiert aktiv, extrovertiert, aggressiv und mit aktiver Muskelspannung, er spannt unbewusst seine Rumpf- und Rückenmuskeln an.
Reaktionen des Parasympathikus auf Stress: Puls und Blutdruck sinken, Konzentration und Wahrnehmung werden gedämpft, Müdigkeit entsteht, die Verdauung wird angeregt (ev. Durchfall). Beim Vagotoniker ist das Gleichgewicht in Richtung Parasympathikus (Vagus) verschoben. Äußerlich ist diesen Menschen kaum eine Regung anzusehen. Sie wirken oft betont ruhig und beherrscht. Ihre "inneren" Konflikte tragen sie durch parasympathische Reaktionen, beispielsweise Magen-Darm-Störungen aus.
"Ängste und Lebensstile gehören zusammen"
Von ganz anderer Art sind die Ängste beziehungsweise Sorgen, von denen in gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen die Rede ist. Auch mit ihnen haben sich in den vergangenen Jahren viele Wissenschaftler beschäftigt, darunter der Soziologe Andreas Schmitz von der Universität Bonn.
Gemeinsam mit zwei norwegischen Kollegen hat er kürzlich im Fachjournal „Sociological Review“ eine Studie veröffentlicht, die deutlich macht, dass die Sorgen und Ängste von Menschen stark von ihrer wirtschaftlichen Lage und ihrem kulturellen Hintergrund abhängen. „Ängste und Lebensstile gehören zusammen. Sie sind Teil einer entsprechenden Lebenswelt“, erklärt Schmitz, der darüber hinaus auf ein grundsätzliches Problem aufmerksam macht: Ängste können nach seinen Angaben auch zu einem Herrschaftsinstrument werden.
Furcht vor finanzieller Not - Existenzangst
Politik kann den Menschen auch Angst machen. Schmitz und seine Kollegen haben für ihre Untersuchung Umfragedaten von knapp 4000 Norwegern ausgewertet. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass Menschen mit geringem Einkommen und geringer Bildung sich eher vor Arbeitslosigkeit fürchten, während Leute mit einem hohen Bildungsstand sich besonders häufig um den Treibhauseffekt sorgen, und zwar weitgehend unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation.
Ängste sind auch ein Herrschaftsinstrument (Angst durch politische Machenschaften)
Das Ergebnis lässt sich nach den Worten des Bonner Soziologen auf Deutschland übertragen. „Auch hierzulande hat jede Schicht ihre typischen Ängste.“ Um Umweltschutz und Klimawandel sorgten sich vor allem die Gebildeten. Diese Sorge sei fester Bestandteil des Denkens der Bildungselite, die in West- und Nordeuropa die öffentlichen Erörterungen zu einem großen Teil bestimme.
Diese Dominanz beziehungsweise Deutungshoheit führt laut Schmitz dazu, dass manche Sorgen als objektiv begründet, andere als unangemessen betrachtet werden. Insofern seien Ängste auch ein Herrschaftsinstrument. Indem Eliten die Vorstellung vermittelten, dass ihre Sorgen die richtigen und wichtigen seien, inszenierten sie zugleich ihre Überlegenheit. Und nicht nur das: Sie festigten damit auch ihre Machtposition.
Quelle ©: j. w e n d l e r / w e s e r-k u r i e r
Bildquellen ©: fotolia