Freitag, 16. Dezember 2011

Traumatische Erlebnisse, Schrecken, Panik brennen sich schnell ins Gehirn ein

Schreckliche Erlebnisse haben direkte Auswirkungen auf die Hirnaktivität

Traumatische Erlebnisse verändern die Gehirnaktivität. Betroffene weisen in mehreren Gehirnarealen andere Aktivitätsmuster auf als Menschen ohne ein solches Schockerlebnis. Das haben chinesische Forscher bei Probanden herausgefunden, die ein starkes Erdbeben (in Wenchuan) miterlebt hatten. Die Wissenschaftler unterzogen die Versuchspersonen einer Magnetresonanztomographie und entdeckten, dass besonders das Zusammenspiel zwischen den Gehirnregionen eingeschränkt ist, was die Funktion des Gehirns beeinträchtigt. Die Ergebnisse der Forscher könnten dazu beitragen, Symptome in Folge von extremem, einmaligem Stress früher zu erkennen und gezielter zu behandeln.


Die Forscher untersuchten die Gehirnaktivität von 44 gesunden Überlebenden des besagten Erdbebens, bei dem fast 70.000 Personen den Tod fanden. Dabei fielen den Wissenschaftlern veränderte Aktivitätsmuster auf, selbst wenn die traumatisierten Menschen nicht bewusst an das Erdbeben dachten.

Forscher hatten bereits herausgefunden, dass beim wiederholten Durchleben von negativen wie positiven Erlebnissen jedesmal dieselben Hirnbereiche aktiv sind wie beim eigentlichen Ereignis. Ein massives Trauma kann jedoch laut den Wissenschaftlern um Lui offenbar auch den Grundzustand des Gehirns verändern.

Bei vergleichbaren bisherigen Studien hatten Psychologen und Hirnforscher die Auswirkungen traumatischer Erlebnisse untersucht, die häufig bereits Jahre oder Jahrzehnte zurücklagen. Sie gingen immer von einer langsamen und kontinuierlichen Entwicklung von stressbedingten Veränderungen im Gehirn aus. Im Gegensatz dazu lagen bei der Studie an den Erdbebenopfern nur 25 Tage zwischen Erlebnis und Untersuchung. 

Die Ergebnisse zeigten daher, dass das Gehirn bereits unmittelbar nach einem Schockerlebnis mit Veränderungen reagiert und nicht wie bisher angenommen erst im Laufe der folgenden Jahre.

zum vergrößern anklicken
Bei den Überlebenden des Erdbebens war die Zusammenarbeit des vorderen Teil des Gehirns, dem sogenannte präfrontale Cortex und den emotionalen Zentren gestört (normalerweise kontrollieren der präfrontale Hirnbereich die emotionalen Hirnzentren). Diesem Frontalhirn-Areal wird die Verarbeitung von Emotionen zugeschrieben. Es ist verantwortlich für die Bewertung von Situationen, Eindrücken und angemessenen Reaktionen darauf. Diese Ergebnisse könnten helfen, durch posttraumatischen Stress gefährdete Menschen frühzeitig zu identifizieren und zu desensibilisieren.
Quelle: Su Lui (Universität Sichuan in Chungdu) et al.: PNAS http://www.pnas.org/ (doi: 10.1073/pnas.0812751106).