Ötzi wurde vor 21 Jahren von zwei Wanderer in der Nähe des Tisenjoch-Passes in den Ötztaler Alpen gefunden, teilweise von einer Schnee- und Eisdecke bedeckt.
Gletschermanns "Ötzi" wurde untersucht |
Jetzt konnten Humangenetiker um Andreas Keller von der Universität des Saarlandes in Homburg daraus erste Schlüsse auf Haar- und Augenfarbe sowie genetische Veranlagungen ziehen: Der Mann, der vor 5.300 Jahren die Alpen überquerte und vermutlich ermordet wurde, hatte höchstwahrscheinlich braune Augen und braune Haare, sagen die Forscher.
Ötzi hatte Laktoseunverträglichkeit, Borreliose und erste Anzeichen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung
Die genaue Untersuchung bestimmter Teile von Ötzis DNA ergab zudem, dass der Gletschermann eine genetische Veranlagung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatte. Überraschend: Obwohl der Jäger und Sammler sich viel bewegte und kein Übergewicht hatte, sind an seinen Arterien erste Ablagerungen zu erkennen, wie sie für Arteriosklerose typisch sind, berichtet Studienleiter Albert Zink vom EURAC-Institut in Bozen. „Die Bestätigung, dass solche genetischen Veranlagungen schon zu Zeiten des Ötzi vorhanden waren, ist für uns sehr interessant. Denn es zeigt, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen keineswegs moderne Zivilisationskrankheiten sind.“ Diese neu gewonnene Erkenntnis will der Anthropologe zur weiteren Erforschung der Krankheit nutzen. (Eine wichtige Erkenntnis, denn man bisher davon aus, dass diese Krankheiten moderne Zivilisationserkrankungen sind.)
Ein weiteres Ergebnis der Genomanalyse: Ötzi litt an Laktoseunverträglichkeit. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass trotz der immer weiter verbreiteten bäuerlichen Lebensweise viele Menschen nach wie vor keinen Milchzucker verdauen konnten. Das änderte sich nach und nach mit der Domestizierung von Tieren.
Neben diesen genetischen Veranlagungen stießen die Wissenschaftler auf Spuren von Borrelia burgdorferi. „Das ist der älteste Beleg für die Infektionskrankheit und dafür, dass sie bereits vor 5.000 Jahren von Zecken übertragen wurde“, kommentiert Teammitglied Carsten Pusch von der Universität Tübingen.
Genetische Herkunft von Ötzi = Verwandtschaft mit Korsen und Sarden
Außer mit seiner Krankenakte beschäftigten sich die Wissenschaftler auch mit Ötzis genetischer Herkunft. Der „Mann aus dem Eis“ gehört einer ganz bestimmten Variante der sogenannten Haplogruppe des Y-Chromosoms an: Seine Vorfahren wanderten demnach in der Jungsteinzeit vom Nahen Osten nach Mitteleuropa, vermuten die Forscher. Nachfahren dieser Bevölkerungsgruppe finden sich heute nur noch in sehr abgelegenen Teilen Europas, wie beispielsweise auf Sardinien und Korsika.
Anmerkung zur Aterienverkalkung von Ötzi
Unter anderem sei jetzt die Ursache für eine bereits bekannte Arterienverkalkung geklärt, unter der Ötzi gelitten hatte, schreiben die Forscher in „Nature Communications“. Diese Krankheit wird heute vor allem auf fetthaltiges Essen, Rauchen und Bewegungsmangel zurückgeführt – Auslöser, die bei dem Mann aus der Jungsteinzeit ausgeschlossen werden können. Bei Ötzi seien allerdings genetische Ursachen für die Erkrankung gefunden worden. „Es zeigt, dass Herz-Kreislauferkrankungen keineswegs moderne Zivilisationskrankheiten sind“, betonnen die Untersucher.
Quelle: Andreas Keller (Universität des Saarlandes, Homurg) et al.: Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms1701
LINK: http://www.nature.com/ncomms/journal/v3/n2/full/ncomms1701.html
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