Samstag, 19. Mai 2012

Luzider Traum - Klartraum (Wissenschaft)

Forschung: Wissenschaftler messen erstmals Trauminhalte
Träume aktivieren das Gehirn, ähnlich wie eine tatsächlich ausgeführte Handlung.

Aktivität in der motorischen Hirnrinde bei einer tatsächlich ausgeführten Bewegung der Hände im Wachen 
(linkes Hirn-Bild) und während einer geträumten Bewegung (rechtes Hirn-Bild). Blaue Regionen spiegeln 
die Aktivität bei einer Bewegung der rechten Hand wider, die in der linken Gehirnhälfte deutlich wird, wohin- 
gegen rote Regionen die entsprechende Bewegung der linken Hand auf der gegenüberliegenden Hirnhälfte anzeigt
So faszinierend unsere Fähigkeit zu träumen ist, so rätselhaft ist die Frage, wie die intensiv erlebten Bilder und Gefühle in unserem Kopf entstehen. Denn bislang waren Träume nicht messbar. Nun ist es Max-Planck-Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit Kollegen der Charité in Berlin erstmals gelungen, die Aktivität des Gehirns während des Träumens zu analysieren. Möglich wurde dies mit Hilfe so genannter luzider Träumer, also Menschen, die sich ihres Träumens bewusst werden und ihre Trauminhalte verändern können. Die Messungen zeigen, dass das Gehirn im Traum ähnlich aktiv ist wie bei der tatsächlich ausgeführten Handlung im Wachzustand.

Seit wenigen Jahren können bildgebende Verfahren wie die funktionelle Kernspintomografie räumlich genau lokalisierte Gehirnaktivität während des Schlafs sichtbar machen. Allerdings konnten Forscher die Hirnaktivitäten bislang nicht während eines Traumes analysieren. Denn eine gemessene Hirnaktivität lässt sich nur dann auf einen spezifischen Traum zurückführen, wenn die genaue zeitliche Übereinstimmung von Trauminhalt und Messung bekannt ist. Ob ein Mensch träumt, konnte also nur die Person selbst mitteilen.

Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München, der Charité und des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig haben sich deshalb die Fähigkeit luzider Träumer zu Nutze gemacht, bewusst zu träumen. Der „Klarträumer“ sollte sich während des Schlafs in einem Kernspintomografen seines Traumes bewusst werden und diesen ‚luziden’ Zustand an die Forscher durch Augenbewegungen melden. Dann sollte er willentlich „träumen“, zuerst die linke und dann die rechte Hand für 10 Sekunden wiederholt zu einer Faust zu ballen.

Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler anhand der Hirnströme (EEG) des Untersuchten den Eintritt in den REM-Schlaf messen – einer Schlafphase, in der Träume besonders intensiv empfunden werden. Die ab diesem Zeitpunkt gemessene Aktivität des Gehirns spiegelte den vereinbarten „Traum“ wider, abwechselnd die Fäuste zu ballen. Tatsächlich wurde eine Region in der sensomotorischen Großhirnrinde des Gehirns aktiviert, die für die Ausführung von Bewegungen zuständig ist. Dies zeigt auch ein direkter Vergleich mit der Gehirnaktivität, die bei einer tatsächlich ausgeführten Bewegung der Hand im Wachen auftritt. Auch wenn der luzide Träumer sich die Bewegung der Hand im Wachen nur vorstellt, reagiert die sensomotorische Hirnrinde ähnlich.

Klartraum - luziderTraum
Die Übereinstimmung der gemessenen Gehirnaktivität von Traum und bewusster Handlung zeigt, dass Trauminhalte gemessen werden können. „Wir können mit dieser Kombination aus Hirnströmen während des Schlafs, bildgebenden Verfahren und luzidem Träumen jedoch nicht nur einfache Bewegungen im Traum untersuchen, sondern auch die Aktivierungsmuster im Gehirn bei visuellen Traumwahrnehmungen messen“, sagt Martin Dresler, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie.

Die Forscher konnten die mittels Kernspin gewonnen Daten an einem anderen Probanden durch eine weitere Technik bestätigen. Mit Hilfe der so genannten Nah-Infrarot-Spektroskopie beobachteten sie zusätzlich eine gesteigerte Aktivität in einer Hirnregion, die bei der Planung von Bewegungen eine wichtige Rolle spielt. „Unsere Träume sind also kein ‚Schlaf-Kino’, in dem wir passiv ein Geschehen nur beobachten, sondern schließen Aktivität in denjenigen Hirnregionen mit ein, die für die Traumhandlung relevant sind“, erklärt Michael Czisch, Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Psychiatrie.
Quelle: Max-Planck-Institut für Psychiatrie und Charité Berlin