Wissenschaftler der Universität Bielefeld konnten dem Prozess der Verdrängung veränderte Hirnareale zuordnen. Untersuchungen zur Arbeitsteilung im Gehirn ergaben eine räumliche Trennung der unterdrückten Erinnerungen von persönlichen Erfahrungen. Die Ergebnisse liefern erstmals physiologische Belege zur Theorie von Sigmund Freud.
Forscher der Universität Bielefeld unter der Leitung von Professor Hans Markowitsch konnten an psychogenen Amnestikern die Orte nachweisen, in denen unerwünschte Inhalte abgelegt werden. Diese Patienten leiden unter dem Verlust ihres persönlichen Altgedächnisses, der durch traumatische Erfahrungen ausgelöst wurde.
Dabei scheint die Zusammenarbeit zwischen der neutral-faktischen linken Hirnhälfte und der für emotionale und autobiographische Erinnerungen zuständigen rechten Hemisphäre gestört zu sein.
Die Untersuchungen zeigten, dass die linke Gehirnhälfte ansprach, wenn Markowitsch den Patienten Fragen nach bestimmten Ereignissen aus ihrer persönlichen Geschichte vorlegte. "Die Erinnerungen wurden von den Personen so verarbeitet, als seien sie nicht persönlich, sondern neutrale Fakten", schildert Professor Markowitsch.
Beispielsweise sagte ein Patient "Man hatte einen Unfall" anstatt "Ich hatte einen Unfall". Die Ergebnisse belegen, dass diese Erinnerungen nicht vergessen, sondern versachlicht wurden. Andere unter Gedächtnisverlust leidende Patienten offenbarten unter Hypnose umfassende Erinnerungen. Hirnstrommessungen ergaben auch bei ihnen eine verstärkte Aktivität der linken Hirnhemisphäre.
Professor Markowitsch verweist auf amerikanische Studien, nach denen Soldaten nach starken Stresssituationen ähnliche Verdrängungserscheinungen aufwiesen. Mit Hilfe physiologischer Untersuchungen wurden dabei Stoffwechselveränderungen in Bereichen des Limbischen Systems nachgewiesen. Das Limbische System ordnet Erfahrungen persönliche Empfindungen zu. Die Ergebnisse deuten auf einen Schutzmechanismus des Gehirns gegen Überbelastungen hin und entsprächen somit der Freudschen Theorie der Verdrängung.
Quelle: IPN (www.ipn.at)