Jede der beiden Körperhälften unterliegt ihrer eigenen, voneinander unabhängigen Motivation!
Wie stark die Motivation für bestimmte Verhaltensweisen ist, unterscheidet sich nicht nur von Mensch zu Mensch. Auch die beiden Hirnhälften eines Menschen sind sich nicht immer einig, haben französische Forscher entdeckt: Eine Gehirnhälfte und damit eine Körperseite kann motivierter sein als die andere. So reagieren Probanden auf eine potenzielle Belohnung stärker mit der rechten Hand, wenn sie diese in der rechten Hälfte ihres Gesichtsfelds sehen, und umgekehrt. Der Effekt zeigt sich auch dann, wenn die Belohnungsreize nur unbewusst wahrgenommen werden.
Bereits in einem früheren Experiment hatten der Franzose Mathias Pessiglione und sein Team gezeigt, dass auch nicht bewusst wahrgenommene Reize eine gewisse Motivation erzeugen können. Die Wissenschaftler zeigten ihren Probanden für Sekundenbruchteile Bilder einer Ein-Euro-Münze oder einer Ein-Cent-Münze. Obwohl die Teilnehmer die Münzen nicht bewusst wahrnehmen konnten, drückten sie bei der Ein-Euro-Münze einen Hebel fester, um einen Teil des Geldbetrags zu gewinnen, als bei der Ein-Cent-Münze - ein klarer Hinweis auf eine höhere Motivation, interpretierten die Forscher damals.
In ihrer aktuellen Studie untersuchten die Pariser Wissenschaftler, ob mit einer ähnlichen Methode jede Seite des Gehirns einzeln motiviert werden kann. Zu diesem Zweck sollten sich 33 Teilnehmer auf ein Kreuz in der Mitte eines Computerbildschirms konzentrieren. Anschließend wurde eine der beiden Münzen 17 Millisekunden lang in der rechten oder in der linken Hälfte des Gesichtsfelds gezeigt – so kurz, dass die Teilnehmer sie nicht bewusst wahrnehmen konnten. Um einen Anteil an der gerade gezeigten Münze zu gewinnen, mussten die Probanden wiederum entweder mit der rechten oder mit der linken Hand einen Hebel drücken.
Obwohl die Versuchsteilnehmer nicht bewusst angeben konnten, welche Münze sie gerade gesehen hatten, reagierten sie auf die Ein-Euro-Münze stärker, wenn diese auf der Seite präsentiert wurde, auf der sie den Hebel drücken sollten. Wurden die Münzen also zum Beispiel im rechten Sehfeld gezeigt, während die Probanden mit der rechten Hand drücken sollten, waren sie bei der Ein-Euro-Münze motivierter, einen Teil davon zu gewinnen, als bei der Ein-Cent-Münze. Drückten sie dagegen bei Bildern im rechten Sehfeld mit der linken Hand, zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Geldbeträgen.
Die Ergebnisse machen deutlich, dass Menschen mit einer Körperseite – und damit mit einer Hälfte des Gehirns – motivierter sein können als mit der anderen. So werden die Informationen des rechten Sehfelds und der rechten Hand beide in der linken Gehirnhälfte verarbeitet. „Offenbar werden die unbewussten Belohnungsreize in neuronalen Schaltkreisen auf der einen Seite des Gehirns verarbeitet und gelangen gar nicht in andere Hirnhälfte“, schreiben Pessiglione und sein Team. „Dies bedeutet, dass verschiedene Bereiche des Gehirns – und damit auch verschiedene Teile des Körpers – unterschiedlich stark motiviert sein können.“ Die Ergebnisse helfen den Forschern, besser zu verstehen, wie beide Gehirnhälften zusammen menschliches Verhalten steuern.
Quelle: Mathias Pessiglione (Institut du Cerveau et de la Moelle épinière, Paris) et al.: Psychological Science, Online-Veröffentlichung doi: 10.1177/0956797610372636