Sonntag, 3. Juni 2018

Erst wenn man es hört, weiß man was man gesagt hat

Den Spruch kennen viele: „Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?“ Aber man selbst merkt sehr oft auch erst hinterher, was man gerade gesagt hat, etwa im Zorn, oder etwas Voreiliges. Für gewöhnlich ist es natürlich ganz anders, man plant mit Bedacht was man sagen will, und dann sagt man es. Und dann weiß man, was man gesagt hat. Ist das so?

Nein - nicht immer: Psychologe Andreas Lind hat Probanden zum alt bekannten Stroop-Test gebeten. In dem sieht man einen Text, schwarz auf weiß. Aber die Namen von Farben sind farbig gedruckt, manchmal passend (das Wort „rot“ in roter Farbe), manchmal nicht (das Wort „rot“ in grüner Farbe). Das verwirrt, man muss sich konzentrieren, und eben dazu wurde der Test ersonnen, er misst die Konzentration: Die Testpersonen sollen jeweils sagen, welche Farbe sie gesehen haben, nicht: welches Wort.

Falsches ans Ohr gebracht
Der Test, Lind hat ihn umfunktioniert: Er platzierte Probanden vor einem PC mit einem Stroop-Test, er setzte ihnen zugleich Kopfhörer auf, vorgeblich um sie von jedem Lärm abzuschirmen: Sie hörten nur ihre eigene Stimme mit dem Ansagen der Farbe. Diese Stimme nahm Lind auch auf Tonband auf – und manches Mal spielte er über die Kopfhörer die Antwort des Probanden aus einer vorherigen Runde ein. Er hörte also, was er aktuell nicht gesagt hatte, und Lind fragte sofort nach, was er aktuell gesagt hatte.

In 85 Prozent der Fälle spielte ihnen das Ohr - besser das Gehirn- einen Streich: Sie erklärten, sie hätten das gesagt, was sie in Wahrheit nicht gesagt, sondern gehört hatten. Nur 15 Prozent schöpften den Verdacht, dass ihnen etwas in die Ohren geträufelt wurde, was nicht aktuell von ihnen stammte, und auch viele von denen entschieden für das Gehör als Kriterium

Selbsttest: Lind selbst hat den Test auch gemacht, wohl wissend um den Trug. Auch für ihn klang das Gefälschte überzeugend: „Wenn man eine Sache sagt, aber sich eine andere sagen hört, dann ist das ein sehr starkes Gefühl.“
Quelle: Psychological Science, 28.4.