Angstzentren werden beim Schreien aktiviert!
Schon lange ist bekannt, dass im Gegensatz zum normalen Sprechen laute Schreie Menschen in sofortige Alarmbereitschaft versetzen. Auch viele Säugetiere kommunizieren effizient über Schreie. Bisher war jedoch nicht bekannt, was Schreie zu solch einzigartigen Signalen macht und wie sie im Gehirn verarbeitet werden. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass sie eine eigene akustische Nische besetzen.Frequenzbereich zwischen 30 und 150 Hz
Schreie haben Frequenzen zwischen 30 und 150 Hertz. Das sind Frequenzbereiche, wo weder Sprache noch Gesang verortet sind, wie das Team um Luc Arnal von der Universität Genf im Fachjournal "Current Biology" berichtet. Die Frequenz bestimmt die Tonhöhe. Das normal gesprochene Wort ist auf Frequenzen von etwa 5 Hertz verortet. Die schnellen Frequenzen von Schreien produzieren Laute, die vom Menschen als störend, stressig oder aggressiv wahrgenommen werden. Daher spricht man von "rauen" Klängen. Schreie passieren das Angstzentrum (Amygdala) im Gehirn
Die Forscher interessierten sich weiter für die spezifischen Reaktion des Gehirns auf Schreie. Dazu untersuchten sie mittels funktioneller Magnetresonanztomografie die Gehirne ihrer Probanden, während diese verschiedene Laute und Klänge hörten. Während normale Töne in erster Linie im Hörzentrum verarbeitet werden, passieren die "rauen" Laute bevorzugt den Mandelkern (Amygdala) also die alten Hirnbereiche die als die Alarmzentren des Gehirns gelten. Diese beiden kleinen Kerne, links und rechts im Gehirn sind wie schon gesagt die "Angstzentrum*" und spielen eine wichtige Rolle bei der schnellen Bewertung von Gefahrensituationen, damit der Mensch rasch auf bestimmte Reize reagieren kann. Tatsächlich konnten die Testpersonen Geräusche zwischen 30 und 150 Hz im Raum leichter und viel schneller orten als andere. "Das zeigt, dass Schreie es ermöglichen, sehr viel schneller und besser auf Gefahren zu reagieren", sagte Mitautor David Poeppel von der New York University. Die Forscher untersuchten neben natürlichen Geräuschen auch künstliche Töne. Es zeigte sich, dass Klänge von Alarmsystemen, die auf Gefahr hinweisen, denselben Frequenzbereich wie Schreie umfassen. Bei den ebenfalls getesteten Musikinstrumenten war dies nicht der Fall.
(*Werden die beiden Angstzentren -die Mandelkerne- im Gehirn stark aktiviert, wird gleichzeitig, reflexartig der logische Verstand im Frontalhirn beeinträchtigt. Der Organismus soll nur noch automatisch und extrem schnell reagieren. Dabei stehen nur die Möglichkeiten von Aggression, Angriff oder aber Flucht zur Verfügung.)
Die gewonnene Erkenntnis könnte für praktische Anwendungen nutzbar sein
Die Forscher glauben, dass diese Erkenntnis sogar für praktische Anwendungen genutzt werden könnte. Viele Menschen fühlten sich überfordert von den vielen künstlichen Lärmquellen im Alltag und reagierten aggressiv darauf. Das bessere Verständnis, wie das Gehirn auf "raue" Töne reagiert, könnte helfen, die akustische Umwelt zu verbessern. (Anm.: Oder aber man kann aufgrund dieser Erkenntnisse auch Menschen besser manipulieren, und Angst machende Frequenzen gezielt einsetzen).Der positive Ansatz: So könnten z.B. Klangdesigner auf negativ bewertete Frequenzen z.B. zwischen 30 und 150 Hz verzichten, wenn künstlich geschaffene Signaltöne wie das Piepsen von Smartphones oder beim Schließen von Bustüren keine Gefahr anzeigen sollen. Im Gegensatz dazu könnten aber Elektroautos, die sehr leise sind und deshalb eine Gefahr für Fußgänger darstellen, mit künstlichen Alarmsignalen auf der richtigen Frequenz ausgestattet werden. Hier gibt es noch eine große Menge von sinnvollen Anwendungsgebieten.
Quelle: Fachjournal "Current Biology" , Universität Genf , New York University
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