Terrorangst vor einem neuen Erreger: Die US-Regierung hat an Forscher und Wissenschaftsjournale appelliert, Daten über ein im Labor entwickeltes Supervirus unter Verschluss zu halten, wie das Journal «Science» am Mittwochabend bestätigte.
Neues Supervirus: USA fordern Geheimhaltung
Bei dem überaus gefährlichen und hochansteckenden Virus handelt es sich um eine Variante des Vogelgrippe-Erregers H5N1. Washington befürchtet, dass Terroristen mit dem neuen Virus Biowaffen bauen könnten.
Noch nie zuvor habe sich die US-Regierung in die Veröffentlichung einer Studie eingeschaltet und Geheimhaltung empfohlen, erklärte «Science»-Chefredakteur Bruce Alberts am Mittwoch den 22. Dezember 2011 . Üblich ist, dass Forscher alle Einzelheiten auf den Tisch legen, damit andere Kollegen die Studie wiederholen und ihr Ergebnis verifizieren können. Stattdessen schlug der Beraterausschuss für Biosicherheit im US-Gesundheitsministerium «Science» jetzt vor, nur das Ziel der Studie zu beschreiben, nicht aber die Experimente selbst.
Sie wurden von Ron Fouchier an der Erasmus Universität in Rotterdam und Yoshihiro Kawaoka an der US-Universität von Wisconsin durchgeführt. Fouchier hatte bereits im September auf Malta über sein neues Vogelgrippe-Virus gesprochen. Es habe nur weniger Mutationen bedurft, um den Erreger hochansteckend zu machen, sagte er damals.
Die Nationalen Gesundheitsforschungsinstitute (NIH) der USA in Bethesda hatten die Studien finanziert, um die Infektionsgefahr des H5N1-Virus besser einschätzen und Vorbeugung treffen zu können. Beide Arbeiten hätten gezeigt, dass das Infektionspotenzial des Virus für Säugetiere, Menschen eingeschlossen, deutlich größer ist als bisher angenommen, teilten die NIH jetzt mit.
Auch die beiden Forscher verteidigen sich damit, dass ihre Arbeit die Suche nach Impfstoffen und anderen Mitteln gegen das Supervirus fördert. Fouchier hat sein Papier derweil überarbeitet und kritische Daten herausgenommen, bestätigte «Science». Der Chefredakteur von «Nature», Philip Campbell, teilte mit, dass er derzeit mit dem Beraterausschuss für Biosicherheit im Gesundheitsministerium über die Veröffentlichung der Studie aus Wisconsin verhandele.
Anmerkung IPN-Forschung: Tödliche Viren zu erschaffen ist äußerst heikel, es fragt sich dabei IMMER WARUM, ob die Suche nach Impfstoffen der einzige Grund war ist zu bezweifeln, dieser Virus wird sicher irgendwann irgendwo auftauchen ...
Siehe dazu auch FAZ-NET: http://m.faz.net/aktuell/gesellschaft/angst-vor-biowaffe-gefaehrliche-variante-des-vogelgrippe-erregers-11576188.html
und STERN:
http://www.stern.de/panorama/streit-um-supervirus-usa-fuerchten-bioterrorismus-1765641.html
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DAS EXPERIMENT
Mit ihren Experimenten wollten Wissenschaftler um Ron Fouchier herausfinden, ob das Vogelgrippe-Virus H5N1 das Potenzial hat, eine Pandemie wie das Schweinegrippe-Virus H1N1 auszulösen. Die Studie stellten die Forscher in Auszügen auf der Influenza-Konferenz in Malta im September 2011 vor.
Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Arbeit einen Stamm, dem sie drei gezielte Mutationen verpassten, die dem Virus ermöglichen sollten, sich auch in Säugetieren zu reproduzieren.
Frettchen, die mit dem mutierten Virus infiziert wurden, starben. Eine Übertragung unter den Tieren erfolgte zunächst nicht. Die Forscher isolierten daraufhin die Virus-Varianten der erkrankten Tiere und infizierten damit gesunde Tiere. Sobald diese ebenfalls erkrankten, wiederholten die Forscher das Prozedere.
Zehn Wiederholungen waren erforderlich, dann war das Virus von allein fähig, gesunde Tiere in anderen Käfigen zu infizieren – ohne Körperkontakt zwischen ihnen, allein über Tröpfchen-Infektion durch die Luft.
Die Isolation dieser Viren zeigte, dass sie zusätzlich zu den drei anfangs eingefügten Mutationen zwei weitere trugen. Die insgesamt fünf Mutationen sind laut den Wissenschaftlern erforderlich, damit ein tödliches Virus wie das Vogelgrippe-Virus H5N1 so ansteckend wird wie das Schweinegrippe-Virus H1N1.
Anschläge mit Millionen Opfern möglich
Der Vorsitzende der NSABB, Paul Keim, zeigte sich im vergangenen Monat zutiefst besorgt über das Virus. "Ich kenne keinen anderen krankheitserregenden Organismus, der so beängstigend ist wie dieser", sagte Keim laut dem US-Verband zur Förderung der Wissenschaft. (http://oba.od.nih.gov/biosecurity/about_nsabb.html)