Der Orbitofrontale Kortex
reagiert sowohl auf visuelle, als auch auf akustische Reize.
Ob wir ein Kunstwerk oder Musikstück für schön halten, entscheidet der
Hirnbereich direkt hinter unserer Stirn. Amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass dieses Areal auf ganz unterschiedliche Sinneseindrücke
reagiert. „Die einzige Region, die bei allen als schön empfundenen Reizen
aktiviert wurde – unabhängig davon ob sie visuell oder musikalisch waren –
befand sich im mittleren Orbitofrontalen Kortex“, berichten die Forscher im
Fachmagazin „PloS ONE". In ihren Versuchen hatten sie die Hirnaktivität
von 21 Probanden während des Musikhörens und des Betrachtens von Bildern
aufgezeichnet. Der aktivierte Hirnbereich gilt als Teil des Belohnungssystems. Die
sinnesübergreifende Reaktion dieses Areals sehen die Wissenschaftler als Indiz
dafür, dass es ein übergeordnetes, abstraktes Konzept von Schönheit in unserem
Gehirn geben muss. „Fast alles kann als Kunst angesehen werden, aber wir
denken, dass nur die Schöpfungen, deren Erfahrung mit einer Aktivität im
mittleren Orbitofrontalen Kortex verbunden ist, als schöne Kunst klassifiziert
werden kann“, sagt Semir Zeki vom University College London.
„Man kann argumentieren, dass Wagners Vorspiel zu 'Tristan und Isolde' unendlich subtiler und schöner ist als die Komposition eines Rockstars. Aber dieses Argument hat mehr damit zu tun, was Kunst ist und was nicht, als damit, was wir als schön empfinden“, sagt Zeki. Für die Neurobiologie sei es daher höchste Zeit gewesen, sich des Problems anzunehmen.
Beim Empfinden visueller Schönheit reagierte noch ein weiteres Hirnzentrum: Auch die Aktivität des Nukleus Caudatus, tief im Zentrum des Gehirns gelegen, nahm proportional zur gefühlten Schönheit zu. Er gilt auch als Sitz der romantischen Liebe. Nach Ansicht der Forscher könnte dies auf eine neuronale Verbindung zwischen Liebe und Schönheit hindeuten. Möglicherweise verbirgt sich hier die Erklärung dafür, dass uns ein geliebter Mensch meist als schön erscheint.
Quelle: PloS ONE, 2011; DOI: 10.1371/journal.pone.0021852
Bildquelle: pixabay
Was ist Schönheit?
In vielen Künsten existieren Grundregeln der Symmetrie, Proportion oder
Harmonie, die eine objektive Schönheit erzeugen sollen. Anderseits aber soll
Schönheit im Auge des Betrachters liegen. Die Frage, ob es objektive Schönheit
gibt und wie man sie definieren kann, ist daher seit Jahrtausenden Gegenstand
von Diskussionen.„Man kann argumentieren, dass Wagners Vorspiel zu 'Tristan und Isolde' unendlich subtiler und schöner ist als die Komposition eines Rockstars. Aber dieses Argument hat mehr damit zu tun, was Kunst ist und was nicht, als damit, was wir als schön empfinden“, sagt Zeki. Für die Neurobiologie sei es daher höchste Zeit gewesen, sich des Problems anzunehmen.
Gehirnaktivität als
Maßstab für Schönheit
In ihrer Studie nutzten die Forscher die funktionelle Magnetresonanztomografie
(fMRI) um die Gehirnaktivität ihrer Probanden abzubilden. Wie erwartet
„feuerte“ bei der Betrachtung jedes Bildes das Sehzentrum, beim Höhen von Musik
das auditorische Zentrum des Gehirns. Der Orbitofrontale Kortex reagierte
dagegen auf beide Arten von Sinneseindrücken. Er war umso aktiver, je schöner
die Probanden ein Bild oder Musikstück fanden.Beim Empfinden visueller Schönheit reagierte noch ein weiteres Hirnzentrum: Auch die Aktivität des Nukleus Caudatus, tief im Zentrum des Gehirns gelegen, nahm proportional zur gefühlten Schönheit zu. Er gilt auch als Sitz der romantischen Liebe. Nach Ansicht der Forscher könnte dies auf eine neuronale Verbindung zwischen Liebe und Schönheit hindeuten. Möglicherweise verbirgt sich hier die Erklärung dafür, dass uns ein geliebter Mensch meist als schön erscheint.
Gehirnbasierte
Definition der Schönheit
Ausgehend von diesen Beobachtungen postulieren die Wissenschaftler eine
gehirnbasierte Definition der Schönheit: „Wir sind der Ansicht, dass Werke, die
einem Subjekt als schön erscheinen, ein einziges, neuronales Merkmal gemeinsam
haben: Es besteht darin, dass sich bei ihrer Betrachtung die Aktivität im
mittleren Orbitofrontalen Kortex ändert. Unsere Definition unterscheidet damit
nicht nur scharf zwischen künstlerischem und ästhetischem Wert, sie ist auch
indifferent gegenüber der Frage, was Kunst ist und was nicht“, schließen die
Forscher ihren Artikel.Quelle: PloS ONE, 2011; DOI: 10.1371/journal.pone.0021852
Bildquelle: pixabay