Dienstag, 10. Januar 2012

Vitamin D macht das Immunsystem erst richtig scharf

Jetzt: Winterzeit - Grippezeit
Jedes Jahr kommt es - üblicherweise im Winter - zu einer Grippewelle. Sie beginnt abrupt, erreicht ihren Gipfel nach rund drei Wochen und dauert etwa zwei Monate.
Nur bei ausreichender Versorgung mit dem Sonnen-Vitamin D werden die T-Zellen der Körperabwehr aktiv

Forschung: Vitamin D ist für das Immunsystem überraschenderweise absolut unverzichtbar. Nur wenn es in ausreichender Menge vorhanden ist, werden die Killer-Zellen der Körperabwehr mobilisiert, so dass sie eindringende Viren oder Bakterien bekämpfen können. Zu dieser Erkenntnis kommt ein dänisches Forscherteam nach einer Untersuchung von Blutproben, die fünf Dialyse-Patienten gespendet hatten. Zwar sei bereits bekannt gewesen, dass Vitamin D das Immunsystem beeinflussen kann. Wie grundlegend seine Funktion jedoch ist, sei bislang übersehen worden, berichten Carsten Geisler von der Universität Kopenhagen und seine Kollegen.

Vitamin D wird vor allem in der Haut gebildet, wenn sie mit den UV-Strahlen des Sonnenlichts in Kontakt kommt, ist jedoch auch in verschiedenen Nahrungsmitteln wie Fischöl oder Eiern enthalten. Am bekanntesten ist es wegen seiner Funktion im Kalzium-Stoffwechsel des Körpers sowie beim Knochenaufbau. Daneben wurde es auch schon mit Autoimmunkrankheiten wie Multipler Sklerose und Infektionen, beispielsweise der Tuberkulose, in Verbindung gebracht. Erst jetzt konnten Geisler und sein Team jedoch zeigen, wie dieser Einfluss auf das Immunsystem vermutlich zustande kommt: Das Vitamin reißt sozusagen die Killer-Zellen der Körperabwehr, die T-Zellen, aus einem schlafähnlichen Zustand und aktiviert sie, so dass sie Krankheitserreger gezielt angreifen können.

Vitamin D aktiviert das Immunsystem
Diese Aktivierung verläuft demnach etwa wie folgt: Kommt eine naive, also eine bisher nicht im Kampf eingesetzte T-Zelle in Kontakt mit einem potenziellen Eindringling, etwa einem Bruchteil einer Bakterienzelle, beginnt sie, ein Vitamin-D-Erkennungsprotein zu produzieren. Das wird dann wie eine Art Antenne ausgefahren und testet, ob Vitamin D verfügbar ist. Registriert die Antenne das Vitamin, läuft eine ganze Reaktionskaskade ab. Am Ende vervielfältigt sich die T-Zelle und bildet so Hunderte identischer Zellen, die alle auf den ausgespähten Krankheitserreger fokussiert sind. Fehlt das Vitamin D hingegen, findet diese Mobilmachung nicht statt.

Die Ergebnisse geben bisher unbekannte Einblicke in die Arbeit des Immunsystems, betonen die Forscher. Sie können daher in Zukunft helfen, die Reaktion der Körperabwehr zu regulieren – nicht nur beim Bekämpfen von Infektionen, sondern auch beim Dämpfen überschießender Immunreaktionen, wie sie etwa bei Autoimmunkrankheiten oder bei der Abstoßung nach Organtransplantationen vorkommen. In beiden Fällen vervielfältigen sich aktivierte T-Zellen explosionsartig und erzeugen eine Entzündung, die für den Körper verheerende Konsequenzen haben kann. Bei Mäusen, dem allseits beliebten Labormodell, gibt es die Verbindung zwischen Vitamin D und den T-Zellen übrigens nicht – vermutlich weil die nachtaktiven behaarten Mäuse ohnehin nicht viel Vitamin D zur Verfügung haben und es daher keinen Vorteil gebracht hätte, wenn diese Substanz eine derartig wichtige Rolle in ihrem Immunsystem spielte.
Quelle: Carsten Geisler (Universität Kopenhagen) et al.: Nature Immunology http://www.nature.com/ni/index.html, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1038/ni.1851