Samstag, 17. August 2013

Finanzkrise schlägt zu - Eltern werden strenger und auch die Gene ändern sich

Forschung: Die Finanzkrise machte Eltern strenger
Die weltweite Wirtschaftskrise hat tiefe Spuren hinterlassen. Seit 2007 kämpfen viele Länder gegen eine Rezession, die sozialen Bedingungen verschlechtern sich, die Arbeitslosigkeit steigt und die Perspektiven sind alles andere als rosig (die Krise spitzt sich immer mehr zu!). Die Folgen dieser Krise (und möglichen Katastrophe) sind nicht nur in der Gesellschaft als Ganzes spürbar, sondern sie wirken sich auch auf das Leben in der Familie aus, wie US-Forscher jetzt festgestellt haben: Je unsicherer und schlechter die gesamtwirtschaftliche Situation, desto strenger gehen Eltern mit ihren Kindern um. Interessanterweise scheint dies eine bestimmte Genvariante zu beeinflussen, wie sehr sich Mütter von der Situation stressen lassen.


Aber dass sich die ökonomische Situation auch auf Familien und besonders Kinder auswirkt, ist nicht neu: Beobachtungen während der großen Depression der 1930er Jahre in den USA hatten bereits gezeigt, dass wirtschaftliche Probleme zu erhöhtem Stress führen. Dieser wiederum wirkt sich negativ auf Beziehungen, die Psyche, die elterliche Fürsorge und letztlich auch das Wohlergehen der Kinder aus. "Der Stress resultiert dabei nicht nur aus den aktuellen Problemen, sondern auch aus der Unsicherheit und Angst vor einer schlechten Zukunft", erklären Dohoon Lee von der New York University und seine Kollegen.

Was ist schuld: Gene und / oder Psyche?
Studien zeigen aber auch, dass Menschen ganz unterschiedlich stark auf negative Ereignisse wie den Verlust des Arbeitsplatzes oder sich verschlechternde wirtschaftliche Bedingungen reagieren. Nicht jeder wird beispielsweise gleich depressiv oder beginnt, seine Sorgen im Alkohol zu ertränken. Meist werden dafür psychologische Unterschiede verantwortlich gemacht, wie die Forscher erklären. Inzwischen aber habe sich gezeigt, dass auch die Gene dabei eine Rolle spielen: Ist ein bestimmtes Gen im Dopamin-System verändert, verringert sich die Zahl der Andockstellen für diesen Botenstoff. Als Folge neigen die Betroffenen stärker dazu, auf Probleme mit Aggression und Stress zu reagieren. (Anm.: Abhilfe bietet u.a. die psychoaktive Frequenzmischung - "Dopamin Riding" zum direkt downloaden.) 

Wie wirkt sich die Wirtschaftsriese auf Familien aus?
Lee und seine Kollegen wollten nun wissen, wie sich eine Wirtschaftskrise auf einen ganz bestimmten Aspekt
des Familienlebens auswirkt: die Strenge der Erziehung und einen liebevollen oder aber eher harschen Umgang mit dem Nachwuchs. Sie haben zudem untersucht, welche Faktoren dabei den stärksten Stress auslösen - und welche Rolle die genetische Disposition dafür spielt. Als konkreten Testfall wählten die Forscher dabei die Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 bis 2009. "Sie hat die Wirtschaft der USA so stark geschwächt und beeinträchtigt wie nichts Anderes seit der großen Depression", erklären sie. Für ihre Studie werteten sie Daten einer Studie aus, bei der 4.998 Kinder aus 20 großen US-amerikanischen Städten untersucht wurden, die zwischen 1998 und 2000 geboren worden waren. Die Kinder und ihre Eltern wurden in regelmäßigen Abständen interviewt, zudem wurden Speichelproben der Mütter genommen, um ihre Genvariante zu bestimmen und zu messen, wie hoch ihre Stressbelastung war.

Viel strenger, bei sich verschlechternden finanziellen Bedingungen
Tatsächlich fanden die Forscher einen direkten Zusammenhang zwischen der Wirtschaftslage und der Strenge der Eltern gegenüber ihren Kindern: Stieg beispielsweise die Arbeitslosenrate in einer Region um zehn Prozent an, berichteten auch mehr Eltern und Kinder von harschem Umgang miteinander und Strenge. "Auch wenn sich das Einkommen der Familien zwischen den Interviews verringert hatte, führte dies zu strengerem Umgang mit den Kindern", berichten Lee und seine Kollegen. Aber: Entscheidend dafür sei die Veränderung der Situation, nicht die schlechte Lage per se: In Gebieten, in denen die Arbeitslosigkeit beispielsweise von Anfang an hoch war und während der Finanzkrise gleich hoch blieb, veränderte sich auch das Eltern-Kind-Verhältnis nicht.

Und noch etwas ergab die Studie: Die genetische Disposition der Mütter beeinflusste offenbar tatsächlich, wie sehr sie ihren Stress an den Kindern ausließen. Trägerinnen der Variante, die weniger Dopamin-Rezeptoren erzeugte, wurden im Laufe der Krise doppelt so häufig strenger gegenüber ihren Kindern als Trägerinnen der normalen Genvariante, wie die Forscher berichten. (Dopamin-Mangel eine der Hauptursachen.) "Die Reaktion der Mütter auf die makroökonomischen Veränderungen wurden auch durch ihre genetischen Profile beeinflusst", so Lee und seine Kollegen. Mütter mit dem sensiblen Gentyp, also Mütter mit geringerer Dopaminproduktion, litten stärker unter der Krise und ließen dies auch (unter anderen) ihre Kinder spüren. Dafür ging es ihnen wieder besser, als die wirtschaftliche Lage sich wieder stabilisierte. Allerdings: Der positive Effekt eines Aufschwungs auf das Familienleben ist deutlich geringer als der einer Rezession - auch das zeigten die Daten. Für die Kinder ist daher auch nach einer Krise nicht unbedingt wieder alles beim Alten.
Quelle: Dohoon Lee (New York University, New York) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.1312398110//
LINK: http://www.pnas.org/content/early/2013/07/31/1312398110