Freitag, 1. November 2013

Gehirntraining der ganz anderen Art - mit Computerspielen

Gehirntraining durch Spiele wie „Super Mario"
Computerspiele haben eigentlich keinen allzu guten Ruf: Spielprogramme sind nur sinnlose Zeitverschwendung, so bis jetzt die weit verbreitete Ansicht. Nach neuesten Untersuchungen haben „Super Mario", „Tetris" und Co dieses Urteil aber nicht verdient. 

© Bild: Super Mario/Nitendo
Schon früher haben einige Studien bereits einen positiven Effekt bestimmter Videospiele auf das Gehirn nahegelegt und nun konnten deutsche Forscher konkret beweisen: Videospielen vergrößert die Hirnbereiche, die für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, Feinmotorik, aber auch für strategisches Denken bedeutsam sind. Die positiven Effekte könnten auch bei der Therapie psychischer Störungen genutzt werden, sagen die Forscher. (Siehe auch: Spiele verbessern im Alter die Hirn-Leistungen!)

In einer früheren Studie hatten Simone Kühn vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und ihre Kollegen bereits herausgefunden, dass Menschen, die in ihrem Leben viele Videospiele gespielt haben, ungewöhnlich stark entwickelte Hirnstrukturen in bestimmten Bereichen besitzen. „Dabei blieb aber die 'Henne-Ei-Frage' offen", sagt Kühn: Es hätte sein können, dass Menschen mit ausgeprägten Strukturen in speziellen Hirnbereichen eine besondere Faszination für Videospiele haben. Mit der aktuellen Studie konnten die Wissenschaftler diese Frage nun klären.

Um herauszufinden, wie sich Videospielen auf das Gehirn auswirkt, ließen sie Erwachsene über zwei Monate hinweg täglich 30 Minuten das Videospiel „Super Mario 64" spielen. Mit Hilfe der bildgebenden Magnetresonanztomographie (MRT) wurden anschließend die Strukturen ihrer Gehirne untersucht. Im Vergleich zu Kontroll-Probanden, die nicht gespielt hatten, zeigte sich bei ihnen eine Vergrößerung einiger Bereiche der grauen Substanz, in der sich die Zellkörper der Nervenzellen des Gehirns befinden.

Die Vergrößerung umfasste den rechten Hippokampus, den präfrontalen Kortex und Teile des Kleinhirns. Diese Hirnareale sind unter anderem für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, strategisches Denken sowie für die Feinmotorik der Hände von zentraler Bedeutung. Interessanterweise waren diese Veränderungen umso ausgeprägter, je eher die Probanden von Spaß beim Spielen berichtet hatten. „Während vorhergehende Studien veränderte Hirnstrukturen bei Videospielern lediglich vermuten ließen, können wir mit dieser Studie einen direkten Zusammenhang zwischen dem Spielen und einem Volumenzuwachs nachweisen. Das belegt, dass sich bestimmte Hirnregionen durch Videospielen gezielt trainieren lassen", erläutert Kühn.

Computerspiele als Therapieform bei psychischen Störungen?
Aber Achtung: Computerspiel ist nicht gleich Computerspiel, betont die untersuchende Wissenschaftlerin: „Wir können beispielsweise nicht sagen, was beim Spielen von brutalen Ego-Shootern passiert". Die Ergebnisse beziehen sich auf das Spiel "Super Mario", bei dem es in der Hauptsache auf räumliches Vorstellungsvermögen und Geschicklichkeit ankommt. Generell gilt der Wissenschaftlerin zufolge auch beim Videospielen: Die Dosis entscheidet über gut oder schlecht. „Wenn gerade Kinder fast nur noch Video spielen, kann das auch nicht gut sein", so Kühn.

Auch therapeutisch nutzbar: In sinnvollem Maße könnten sich sich Videospiele aber auch für die Therapie von Erkrankungen eignen, bei denen die entsprechenden Hirnregionen verändert sind. Das ist zum Beispiel bei psychischen Störungen wie der Schizophrenie, der posttraumatischen Belastungsstörung oder neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz der Fall. Deshalb möchten die Forscher nun in weiteren Studien die Wirkung von Videospielen bei Menschen mit psychischen Störungen genauer untersuchen. Derzeit setzen sie dies in einer Studie zur Posttraumatischen Belastungsstörung praktisch um.
Quelle: Molecular Psychiatry , doi:10.1038/mp.2013.120 / Mitteilung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (S Kühn , T Gleich , RC Lorenz , U Lindenberger und J Gallinat)
LINK: http://www.nature.com/mp/journal/vaop/ncurrent/full/mp2013120a.html