Künstlerische Darstellung der komplexesten und massivsten Moleküle (PFNS-10, TPP-152) mit denen Quanteninterferenz nachgewiesen werden konnte Illustration: Mathias Tomandl |
Ein Gedankenexperiment: "Schrödingers Katze": zugleich tot und lebendig?
Die Quantenmechanik stellt seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine der tragenden Säulen der modernen Physik dar, ohne der Quantenphysik gäbe es vieles nicht. Vr allem viele Entwicklungen der High-Technologie wie Handy, Computer, Lasertechnologie, DVD-Player, CD-Player u.v.a.m. gebe es ohne die Erkenntnisse der Quantenphysik heute nicht.
Einige der quantenphysikalischen Voraussagen stehen aber in eklatantem Widerspruch zu unserer Intuition und den Beobachtungen in unserer Alltagswelt "unserer Realität". Dieser Widerspruch wurde vom österreichischen Physiker und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger (einer der Begründer der Quantenphysik) vor 80 Jahren durch eine makabere Katzengeschichte auf den Punkt gebracht: Schrödinger fragte sich, ob es möglich sei, auch extreme Überlagerungszustände zu realisieren – zum Beispiel den einer Katze, die zugleich tot und lebendig sei. Aus gutem Grund wurde dieses Experiment nie tatsächlich erprobt. Ein Forschungsteam um Markus Arndt, Professor für Quantennanophysik an der Universität Wien, zeigt nun, dass es möglich ist, mit großen organischen Molekülen wichtige Aspekte von Schrödingers Gedankenexperiment nachzustellen.
Die Fulleren |
In der Quantenmechanik wird die Ausbreitung einzelner massiver Teilchen durch nicht lokale Materiewellen beschrieben. Somit verlieren die Teilchen in der Praxis in gewissem Sinn ihre klassische Eigenschaft, eine Position bzw. einen Ort zu haben; denn ihre quantenphysikalische Wellenfunktion kann gleichzeitig an mehreren Orten sein(!). Es ist -fast könnte man sagen- im Zustand der Wellenfunktion Omnipräsent. "Dieser Zustand ähnelt formal demjenigen einer Katze, die zugleich lebt und tot ist. Die Quantenphysik bezeichnet dies als 'Superposition'", sagt der Forscher Markus Arndt.
Quantenverhalten auch bei biologischen Objekten
Arndts Forschungsteam an der Universität Wien beschäftigt sich mit der Frage, bis zu welcher Komplexität man diese erstaunlichen Gesetze der Quantenmechanik nachweisen kann. Dazu untersuchen die PhysikerInnen in einem Interferometer das Quantenverhalten immer größerer Moleküle, insbesondere deren Überlagerung an vielen Orten. "Die hohe Instabilität der meisten organischen Komplexe stellt dabei eine große Herausforderung dar", so Stefan Gerlich, Erstautor der Publikation.
Messvorrichtung |
Der messtechnische Nachweis ist kompliziert!
Viele Moleküle zerbrechen schon während der Präparation des thermischen Molekularstrahls. Für den Erfolg der neuen Versuche war daher eine enge Kooperation mit Chemikern aus der Schweiz und den USA ausschlaggebend. Sowohl dem Team um Marcel Mayor an der Universität Basel als auch Paul J. Fagan vom US-amerikanischen Konzern DuPont ist es aber gelungen, schwere Molekülverbindungen zu synthetisieren, die sogar den kritischen Verdampfungsprozess überstehen konnten.
Mit Insulin vergleichbar
Eine bahnbrechende Sensation!
"Anhand von speziell synthetisierten organischen Molekülen mit Komplexen aus bis zu 430 Atomen wurde die quantenmechanische Wellennatur in einem bislang experimentell unzugänglichen Massen- und Größenbereich nachgewiesen", erklärt Arndt. Dieser "Molekulare Oktopus" ist in Größe, Masse und Komplexität mit Insulin vergleichbar und verhält sich in vieler Hinsicht schon wie die "klassischen" organischen Teilchen. Dennoch können die maßgeschneiderten Teilchen im jetzigen Experiment in einer Überlagerung von klar unterscheidbaren Orten existieren. Sie befinden sich daher – ähnlich wie Schrödingers Katze – in einem von der klassischen Physik ausgeschlossenen Zustand.
Quellen: Fachzeitschrift Nature u.a.
Link: Volltext der wissenschaftlichen Publikation (englisch)