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Ein Beitrag von: Dr. Gert R. Polli, ehemalige Präsident des Österreichischen Verfassungsschutzes.
Ab Juli 2016 NEU, mehr Überwachung, mehr Geheimdienst! |
(Wir haben von den neuen, zusätzlichen Geheimdienst-Plänen schon einmal berichtet!)
Aufgrund der realen Bedrohung durch den islamischen Extremismus in der Erscheinungsform des IS (ISIS) werden europaweit Polizei- und Nachrichtendienste aufgerüstet und mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. Nachdem Frankreich unmittelbar nach den Anschlägen im November vergangenen Jahres den Ausnahmezustand ausgerufen hat, wurde diese Maßnahme auch in anderen europäischen Staaten diskutiert, so auch in Österreich.
Die Begründung: Der Ausnahmezustand gibt den Sicherheitsbehörden weitgehende Befugnisse (die Bürgerrechte werden dabei drastisch eingeschränkt), die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung wird stark einzuschränken. Im aktuellen Fall zielt er jedoch auf die sofortige Auflösung "radikaler" Vereine und Moscheen ab, umfasst aber auch die Sperre von Webseiten und Einschränkungen des elektronischen Schriftverkehrs. Alleine in den ersten Tagen der Verhängung des Ausnahmezustandes wurden mehr als 150 Hausdurchsuchungen durchgeführt und es kam zu Duzenden Festnahmen. Dieser Maßnahmen wären in dieser Dimension und Geschwindigkeit unter regulären Bedingungen gar nicht möglich gewesen(!).
Große Bedenken im Bereich Datenschutz
Rechtsanwälte, Journalisten etc., automatische Überwachung! |
Seit mehr als zwei Jahren wurde in Österreich schon an einem Gesetzesentwurf gearbeitet, der dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) weitreichende Befugnisse einräumt, und wie Kritiker sagen, mit unzureichenden Kontrollmöglichkeiten ausgestattet wird. Der Gesetzesentwurf wurde am 19. 01. 2016 im Innenausschuss des Parlamentes abgesegnet. Es wird erwartet, dass das Gesetz noch im Jänner 2016 verabschiedet und im Juli 2016 in Kraft treten wird. ...
Kritiker argumentieren, dass die neue Behörde zwar als Polizei etikettiert ist, tatsächlich aber ein veritabler Nachrichtendienst entsteht. Kernelement ist die sogenannte Erweiterte Gefahrenerforschung. Darunter versteht man die Anwendung robuster Befugnisse, die bereits weit im Vorfeld eines strafbaren Tatbestandes zur Anwendung kommen. Für solche Ermittlungen reicht als Begründung die Beurteilung „einer Wahrscheinlichkeit“ eines verfassungsgefährdenden Angriffs. Diese Beurteilung wird durch die ermittelnde Behörde selbst abgegeben, jedoch von einem Rechtsschutzbeauftragten und nicht durch einen Richter abgesegnet. Mehr als 100 solcher Straftaten werden als „verfassungsgefährdender Angriff“ gelistet, 40 davon, wie die Arbeitsgemeinschaft AK-Vorrat auflistet, wenn diese aus „religiösen oder ideologischen Motiven“ begangen werden.
Die Österreichische Rechtsanwaltskammer sieht nicht zuletzt aufgrund dieser Tendenz das Land auf dem Weg zu einem Überwachungsstaat und hat Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof angekündigt. Kritisiert wird vor allem, dass schon alleine der begründete Verdacht genügt, um solche Ermittlungen einzuleiten.
Österreich macht gleich mehr!
Nachdenken bevor man seine Meinung sagt oder postet! |
Künftig wird nur mehr das BVT und die neuen Organisationseinheiten in den Ländern über diese Befugnisse im Rahmen der Erweiterten Gefahrenerforschung verfügen und sich exklusiv und somit weit deutlicher als bisher im Vorfeld von vermuteten Straftaten bewegen können. Genau das aber ist ein wesentliches Merkmal von Nachrichtendiensten.
ALLE personenbezogenen Daten sind jetzt abrufbar
Die damit einhergehenden Befugnisse reichen von Observation, verdeckte Ermittlung bis hin zur Auskunftspflicht öffentlicher Dienststellen, das Einholen von Zahlungsinformationen, Telekommunikationsinformationen; faktisch alle Formen personenbezogener Daten, seien sie öffentlich verfügbar oder im Wege der Auskunftspflicht abrufbar. Die so zur Information verpflichtete öffentliche Dienststelle hat kein Recht, den Grund für die Auskunftsbegehrlichkeit verlangen zu können. Die Erweiterte Gefahrenerforschung bezieht sich nicht nur auf Gruppierungen sondern auch auf Einzelpersonen und schließt Begleitpersonen von Verdächtigen mit ein. Genau dagegen laufen NGO’s und auch die Österreichische Rechtsanwaltskammer Sturm.
Die bis dato existierenden Landesämter für Verfassungsschutz standen schon in der Vergangen in keiner direkten Zugehörigkeit zum Bundesamt, sondern unterstanden den Landespolizeidirektionen im jeweiligen Bundesland, was mitunter zu erheblichen Qualitätsunterschieden und einem doppelten Standard im Staatsschutz führte.
Das neue Gesetz löst auch die Landesämter für Verfassungsschutz auf und gliedert sie als für Verfassungsschutz zuständige Organisationseinheiten den jeweiligen Landespolizeidirektionen an. Dem BVT obliegt weiterhin die Fachaufsicht in der Aufgabe Staatsschutz. Anstatt die Landesämter für Verfassungsschutz direkt dem BVT zu unterstellen, wird die Zementierung unterschiedlicher Standards in Kauf genommen. Das zentrale und um umfassende Befugnisse erweiterte BVT tritt künftig gegenüber den polizeilichen Landesstellen (ehemals Landesämter) als Auftraggeber auf. Die für Staatschutz in den Ländern zuständigen Organisationseinheiten behalten aber ihre Selbständigkeit, mit Ausnahme zentral organisierter Aufgaben, wie z.B. die internationale nachrichtendienstliche Arbeit. De facto hat man es in Österreich künftig mit 10 Dienststellen zu tun, die mehr oder weniger selbständig Staatsschutzaufgaben wahrnahmen werden.
Die weitreichende Selbständigkeit der Landesstellen und die lose Anbindung an das BVT/BMI fördert die Schaffung von Doppelgleisigkeiten und Informationsverlusten in einem äußerst sicherheitskritischen Umfeld. Hier scheint es, als ob sich Föderalismus dort durchgesetzt hätte, wo konsequenterweise die Zentralisierung von Strukturen und Verfahren das Gebot der Stunde wäre. Sichergestellt ist jedenfalls, dass sämtliche Staatschutzeinheiten des BMI und auch der Organisationseinheiten in den Ländern auf eine gemeinsame Datenbank zum Zwecke der Datenverarbeitung zugreifen können.
Im Hinblick auf die Befugnisse sind die neuen Dienststellen in den Ländern dem BVT (mit wenigen Ausnahmen) gleichgestellt. Die internationale Presse hat gar über neun zusätzliche Geheimdienste in den Ländern gemutmaßt und dies als mächtige Aufrüstung der österreichischen Terrorismusbekämpfungsbehörden bezeichnet. Anders als in Deutschland ist Polizei in ganz Österreich Bundessache. Zwar sind die künftigen Organisationseinheiten für Verfassungsschutz in den Ländern ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, dort jedoch der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit, wo auch das BVT als Organisationseinheit angesiedelt ist. Damit sind die neuen Dienststellen in den Ländern nicht direkt dem BVT zugeordnet, jedoch in Verfassungsschutzangelegenheiten diesem fachlich unterstellt. Die bisherigen Erfahrungen sprechen klar dafür, Ressourcen im Staatschutzbereich zu konzentrieren und nicht aufzusplittern.
Aufgrund massiver Kritik hatte die Regierung noch im November vergangenen Jahres eine abgespeckte Version des Gesetzes auf den Weg gebracht. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Erweiterung der Befugnisse und deren Anwendung bereits im Vorfeld einer strafbaren Handlung im Rahmen der Erweiterten Gefahrenerforschung bei gleichzeitiger Umgehung richterlicher Genehmigungsverfahren. Stattdessen wurde diese Rolle einem Kollegium von Rechtschutzbeauftragten überantwortet. Dieses Gremium ist gegenüber dem zuständigen parlamentarischen Unterausschuss berichtspflichtig und ist administrativ im Innenministerium aufgehängt.
Obwohl lange vorbereitet, erhält das Gesetz durch die aktuelle latente terroristische Gefährdungslage Rückenwind. Durch dieses Staatschutzgesetz wird die Sicherheitslandschaft in Österreich langfristig und nachhaltig in Richtung eines Dienstes mit polizeilichen Befugnissen positioniert.
* BÜRGERRECHTE, ÜBERWACHUNG, GEHEIMDIENST *
Hoffentlich erfüllt dieser, erweiterte Geheimdienst, das wofür er gedacht ist und nicht andere Zwecke.Quelle: DWN, Dr. Gert R. Polli
Quelle Anm.: Eggetsberger-Info-Blogteam
Link: Ausnahmezustand
Link: Frankreich im Ausnahmezustand - eingeschränkte Bürgerrechte
Bildquellen: Fotolia
NACHTRAG
Rund 150 Menschen demonstrierten am Samstagabend 24. Jänner 2016 in Wien vorm Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gegen das umstrittene neue Staatsschutzgesetz.
Bei der Kundgebung vor dem BVT erklärte Christof Tschohl vom AK Vorrat, dass das Gesetz ein massiver Eingriff in die Grundrechte sei. „Das Gesetz öffnet Missbrauch Tür und Tor und es gibt keine Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Etwa dann, wenn man zufällig in einer Datenbank landet und dann in Urlaub fliegen will, weil man einfach nur den falschen Pizzalieferanten hat.“ Dabei spielt Tschohl auf die Möglichkeit an, die im Gesetz vorgesehen ist, auch die Daten von den Menschen in einer zentralen Datenbank bis zu sechs Jahre zu speichern, die mit einer potentiell verdächtigen Person, die Teil einer sogenannten „Gruppierung“ ist, in Kontakt stehen. „Es gibt keinen Schutzmechanismus mehr, damit wir verstehen, welches Handeln jemand setzen muss, damit er hier unter die Lupe genommen wird“, sagt Tschohl.
Journalisten und Rechtsanwälte automatisch unter Beobachtung
Berufsgruppen, die etwa regelmäßig mit sogenannten „Gruppierungen“ z.B. mit islamistischem Hintergrund zu tun haben, sind etwa Journalisten und Rechtsanwälte. Sie werden dann zur „Kontaktperson“ und in der Zentraldatenbank des BVT namentlich erfasst und gespeichert, denn es gibt weder für Journalisten noch für Rechtsanwälte Ausnahmen. Dies kritisierten unter anderem vergangenen Montag auch der Österreichische Journalismusverband (ÖJC) sowie der Österreichischen Rechtsanwaltkammertag (ÖRAK).
Link: Frankreich im Ausnahmezustand - eingeschränkte Bürgerrechte
Bildquellen: Fotolia
NACHTRAG
Rund 150 Menschen demonstrierten am Samstagabend 24. Jänner 2016 in Wien vorm Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gegen das umstrittene neue Staatsschutzgesetz.
Bei der Kundgebung vor dem BVT erklärte Christof Tschohl vom AK Vorrat, dass das Gesetz ein massiver Eingriff in die Grundrechte sei. „Das Gesetz öffnet Missbrauch Tür und Tor und es gibt keine Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Etwa dann, wenn man zufällig in einer Datenbank landet und dann in Urlaub fliegen will, weil man einfach nur den falschen Pizzalieferanten hat.“ Dabei spielt Tschohl auf die Möglichkeit an, die im Gesetz vorgesehen ist, auch die Daten von den Menschen in einer zentralen Datenbank bis zu sechs Jahre zu speichern, die mit einer potentiell verdächtigen Person, die Teil einer sogenannten „Gruppierung“ ist, in Kontakt stehen. „Es gibt keinen Schutzmechanismus mehr, damit wir verstehen, welches Handeln jemand setzen muss, damit er hier unter die Lupe genommen wird“, sagt Tschohl.
Journalisten und Rechtsanwälte automatisch unter Beobachtung
Berufsgruppen, die etwa regelmäßig mit sogenannten „Gruppierungen“ z.B. mit islamistischem Hintergrund zu tun haben, sind etwa Journalisten und Rechtsanwälte. Sie werden dann zur „Kontaktperson“ und in der Zentraldatenbank des BVT namentlich erfasst und gespeichert, denn es gibt weder für Journalisten noch für Rechtsanwälte Ausnahmen. Dies kritisierten unter anderem vergangenen Montag auch der Österreichische Journalismusverband (ÖJC) sowie der Österreichischen Rechtsanwaltkammertag (ÖRAK).
Doch im Prinzip kann natürlich jeder im Visier der Behörden landen, weil er beispielsweise jemanden kennt, der die „Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole“ verletzt hat – und das sind sehr dehnbare Begriffe.
Verfassungsklage
Der AK Vorrat kündigte daher neben dem ÖRAK, dem ÖJC ebenfalls an, das Gesetz, sollte es am Mittwoch 27. Jänner 2016 beschlossen werden, mit einer Verfassungsklage zu bekämpfen. Die Grünen und die FPÖ wollen ebenfalls eine Drittelbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen.
Gesetze wegklagen?
Laut Lohninger werde es immer häufiger zur Praxis, dass man „Gesetze erst wegklagen kann, wenn sie verfassungswidrig beschlossen werden.“ Diese Methode hatte in jüngster Vergangenheit auch durchaus Erfolg. Zuletzt ist das den Aktivisten des AK Vorrat etwa mit der Vorratsdatenspeicherung geglückt. Die Verfassungsbeschwerde landete vorm Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dieser hob die Richtlinie letztendlich auf, weil sie einen "schwerwiegenden Eingriff" in die Grundrechte dargestellt hatte.
Quellen: Div. News
* Hinweis: Der neue Verfassungsschutz ist offizielle KEIN GEHEIMDIENST! (◕‿-)
Verfassungsklage
Der AK Vorrat kündigte daher neben dem ÖRAK, dem ÖJC ebenfalls an, das Gesetz, sollte es am Mittwoch 27. Jänner 2016 beschlossen werden, mit einer Verfassungsklage zu bekämpfen. Die Grünen und die FPÖ wollen ebenfalls eine Drittelbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen.
Gesetze wegklagen?
Laut Lohninger werde es immer häufiger zur Praxis, dass man „Gesetze erst wegklagen kann, wenn sie verfassungswidrig beschlossen werden.“ Diese Methode hatte in jüngster Vergangenheit auch durchaus Erfolg. Zuletzt ist das den Aktivisten des AK Vorrat etwa mit der Vorratsdatenspeicherung geglückt. Die Verfassungsbeschwerde landete vorm Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dieser hob die Richtlinie letztendlich auf, weil sie einen "schwerwiegenden Eingriff" in die Grundrechte dargestellt hatte.
Quellen: Div. News
* Hinweis: Der neue Verfassungsschutz ist offizielle KEIN GEHEIMDIENST! (◕‿-)