Donnerstag, 29. Juni 2017

Polizei sucht Freiwillige für Video-Totalüberwachung, Gesichtserkennungssystem

Deutschland: Die Bundespolizei sucht Freiwillige, die sich sechs Monate lang am Berliner Bahnhof Südkreuz per automatischer Videoüberwachung erkennen lassen – für einen 25-Euro-Einkaufsgutschein. 

Ab 1. August 2017 startet in Berlin ein Pilotprojekt zur Videoüberwachung mit automatischer Gesichtserkennung. Sechs Monate lang sollen Kameras markierte Bereiche des Bahnhofs Südkreuz überwachen und bis zu 275 Testpersonen per künstlicher Intelligenz (KI) erkennen. Zur Überprüfung bekommen die Testkandidaten einen etwa kreditkartengroßen Transponder mit RFID-Chip, der eine Kontrolle der KI-Ergebnisse erlaubt. (Erst bekommt man den RFID-Chip umgehängt - dann wird er bei jedem implantiert.) 

Ziel ist natürlich die Sicherheit - wer was anderes glaubt ist ein Schelm oder gar ein Verschwörungstheoretiker(?!): Später soll die Anlage die gescannten Gesichter mit Kriminellen-Datenbanken abgleichen*, um Gefährder sofort zu erkennen.

(*Anm.: Dass das neue Überwachungssystem mit Gesichtserkennung im Grunde genommen eher nur wenig effektiv sein kann, zeigt sich schon daran dass Menschen die Personen, die als "Touristen" bzw. Urlauber einreisen nicht in der Kriminal-Datenbank als Bild vorhanden sind, auch nicht auf Passstellen wo die Fotos der deutschen Bürger gespeichert sind. Wenn jemand nichts verbrochen hat ist er auch nicht als Gefährder gespeichert, manche Terroristen sind auch Ersttäter ohne zuvor in irgend einer Weise aufgefallen zu sein. Letztendlich kommen dann noch alle Zigtausend Personen die sich illegal in der EU bzw. in Deutschland aufhalten, auch die sind nicht mit einem Bild bei den Behörden erfasst. Fragt sich nur wer soll also auf Schritt und Tritt überwacht werden? Der eigene unbescholtene Bürger?)

Einen Überwachungs-Bonus gibt es: Die "schlauen" Kameras sollen auch verdächtige Gegenstände (etwa herrenlose Koffer) erfassen und den Behörden melden.

Als Dank für die Tester gibt es einen Amazon-Gutschein
Wer teilnimmt und sein Gesicht im Testzeitraum am besten mehrmals täglich in die KI-Kameras hält, soll als Dankeschön einen 25-Euro-Gutschein für Einkäufe bei Amazon bekommen, ist doch toll. Reicht nicht? Die drei Testpersonen, die an mindestens 30 Tagen am häufigsten gescannt wurden, bekommen als „Hauptpreise eine Apple Watch Series 2, ein Fitbit Surge und eine GoPro Hero Session“. Wer jetzt Interesse hat, kann sich am Bahnhof Südkreuz zur Teilnahme anmelden. ...


Wohl und Wehe der Massenüberwachung
Das ganze Projekt und der spätere Regelbetrieb in Berlin und dem Rest der Republik dienen Ihrer Sicherheit. Schon gut, wenn Terroristen oder deren Bombenkoffer rechtzeitig unschädlich gemacht werden können. Allerdings spukt dabei sofort das Wort Datenschutz durch den Raum. Die Bundespolizisten schreiben daher auch in den FAQ, dass sie die Daten des Testlaufs allesamt nach einem Jahr löschen. Was aber passiert mit den Daten, die später im Regelbetrieb anfallen? Die sollen schließlich mit Gefährderdatenbanken abgeglichen –  und dorthin übermittelt – werden. Klar: Wie sonst will man Terroristen und Kriminelle erkennen? Nur: Bleibt danach dauerhaft in Interpol-Datenbanken gespeichert, wann Manuela Mustermann öffentliche Plätze betreten hat? In Deutschland gibt es noch einen recht starken Datenschutz – Blogger Andreas W. Ditze hat ein paar Argumente zusammengetragen, warum Datenschutz und Datensparsamkeit eine sehr gute Sachen sind. Landen deutsche Überwachungsdaten aber erst mal im Ausland, wird es richtig lustig, denn nicht überall gilt Datenschutz ... und mancher Geheimdienst wie z.B. der CIA freuen sich über eine erweiterte ihrer Datensammlung und auf den direkten Video-Kamera-Zugriff.
Link: Wer nichts zu verbergen hatte, wurde erschossenQuellen: © Bundespolizei, © Computerbild.
Bildquellen-Symbolbilder: © Bundespolizei, u.a.