Sonntag, 29. Oktober 2017

Nur darum gruseln wir uns so gerne ...

Halloween:
Die Erwartung, dass etwas Schlimmes passieren könnte, löst eine chemische Kaskade im Gehirn aus, erst Stress, dann Glück. Bald werden sie uns wieder heimsuchen: Böse Clowns, Vampire, Zombies, neue Horrorfilme, die pünktlich zu Halloween erscheinen. Anlass genug, sich mehr oder weniger wohlig zu erschrecken. Aber was passiert eigentlich im Gehirn, wenn man sich gruselt?

Ein markerschütternder Schrei, ein fliegender Stein – Menschen reagieren instinktiv auf potenzielle Bedrohungen, ducken sich weg, schützen den Kopf mit den Armen. Hierbei hilft die Amygdala, das aus einem Bündel Neuronen bestehende, mandelförmige Angstzentrum über dem Stammhirn. ...
Sofort nach dem Eintreffen der sensorischen Reize im Thalamus gelangen sie an die Amygdala und werden von dort aus weitergeleitet – auf zwei verschiedenen Wegen. Der schnellere der beiden funktioniert wie der Bewegungsmelder einer Alarmanlage und setzt spontan Reaktionen im ganzen Körper in Gang. Erstarren, Fliehen oder Kämpfen sind die Optionen, die je nach Bedrohung folgen. Und zwar noch bevor beispielsweise der heranfliegende Stein genau identifiziert wird.

Das Signal der Sinnesreize gelangt aber auch über einen Sekundenbruchteile langsameren „Umweg“ zum sensorischen Kortex. Dieser Hirnbereich verschafft ein einordnendes, klareres Bild über die potenzielle Bedrohung – und verstärkt dann die Abwehrreaktion oder entlarvt sie als Fehlalarm.

Dabei betont der Neurowissenschaftler Joseph LeDoux, Angst beim Menschen sei mehr als das Empfinden von Bedrohung. „Angst ist ein Konzept, nicht ein ‚Ding‘ im Gehirn.“ Die Erwartung, dass uns Schlimmes zustoßen kann, setzt eine chemische Kaskade in Gang. Vor allem über den Botenstoff Glutamat werden Alarmsignale in andere Hirnteile wie den Hypothalamus und dann in den Körper gestreut. Das Nebennierenmark stößt große Mengen des aufputschenden Stresshormons Adrenalin aus, der Blutzuckerspiegel steigt, das Herz schlägt schneller und die Handinnenflächen werden feucht.

Bleibt das Schlimmste dann aber aus, strömt das beruhigende Wohlfühlhormon Endorphin durch den Körper. Dieser Hormonmix ist es wohl auch, den viele Menschen am Gruselgefühl mögen – denn er kann selbst bei der Gespensterstory vor dem Kamin einsetzen. 

☛ Es gibt eine Hitliste der Albträume, die manche Menschen immer wieder verfolgen: Kinder träumen am häufigsten von Aggression und Gewalt (45 Prozent), Unfällen (29), Verfolgungsjagden (23) und Katastrophen (4). Erwachsene erleben immer wieder Flucht und Verfolgungsjagden (26 Prozent), Gewalt (20), Körperanomalien (17) und Misserfolge (7). Wiederkehrende Träume mit positiven Themen haben Mädchen und Frauen wesentlich häufiger als Jungen und Männer.

Manchmal ist der Körper auch selbst Schuld, wenn er sich erschreckt. Denn manche vermeintliche Geistererscheinung ist schlicht eine optische Täuschung. Wer etwa 30 Sekunden auf das Bild eines Totenkopfs (oder die weiße Maske im Bild) starrt und danach auf eine leere Fläche, sieht dort für eine Weile ebenfalls einen Totenkopf – das sogenannte Nachbild. Es kommt zustande, wenn die Lichtrezeptoren des Auges durch das Starren ermüdet sind und nicht mehr flexibel reagieren. Das funktioniert auch bei Farbbildern: Ein Teil der Zapfenrezeptoren, die Rot, Gelb oder Blau wahrnehmen, setzt nach dem Starren auf ein blaues Motiv erst mal überanstrengt aus. Auf einer leeren Fläche ist das Motiv dann in der Komplementärfarbe Orange zu sehen, zusammengesetzt aus den Signalen der rot- und gelb-sensitiven Zapfen.
Also gruseln Sie sich am nächsten Dienstag schön zu Halloween!
Quelle©: d.p.a/A.Barthelemy/
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