Dienstag, 19. Dezember 2017

„Zweiklasseninternet”: In den USA wurde das Aus für die Netzneutralität beschlossen.

Nur noch eine Frage der Zeit bis es bei einen Internetbesuch heißt: "Bitte warten!"

Macht der Konzerne ... wer zahlt hat recht und wird ab jetzt bevorzugt ...
Kritiker sehen Bedrohung für das Internet
Die US-Telekommunikationsaufsicht Federal Communications Commission (FCC) hat die strikten Regeln zur Gleichbehandlung von Daten im Internet aufgeweicht. Drei Mitglieder der fünfköpfigen Kommission stimmten am Donnerstag in Washington einem Vorschlag zu, der die Aufhebung der bisherigen konsequenten Umsetzung der Netzneutralität vorsieht.


Die Abstimmung folgte auf eine hitzige Debatte, die jüngste in einem seit mehr als einem Jahrzehnt andauernden Kampf um die Regelungen für Internetprovider vor Gericht und innerhalb der FCC-Behörde. Wegen Sicherheitsbedenken wurde die Sitzung zudem für rund 20 Minuten unterbrochen. Hintergrund war US-Medienberichten zufolge eine Bombendrohung. ... 

In mehreren Städten der USA gingen Netzaktivisten für ein „offenes, freies und neutrales Internet“ auf die Straßen. Der Grundsatz der Netzneutralität besagt, dass alle Daten gleich behandelt werden müssen. Bisher war es Netzbetreibern in den USA wie AT&T, Verizon und Comcast untersagt, bestimmten Datenverkehr zu blockieren oder zu verlangsamen, um anderen Inhalten Vorrang zu geben.

„Internet der zwei Geschwindigkeiten“
Nach der neuen Regelung können Webdienste nun für eine bevorzugte Behandlung bezahlen. Die Netzbetreiber müssen offenlegen, ob sie Anbietern höhere Geschwindigkeiten einräumen. Onlinedienste wie Google, Facebook, Amazon und Netflix fürchten, dass sie von den Betreibern nun stärker zur Kasse gebeten werden könnten. (Wer das Meiste zahlt, ist der Schnellste!)

Kritiker warnten auch, dass es gerade für große Internetfirmen leichter sein wird, sich eine Überholspur im Netz zu kaufen, während junge Start-ups dafür kein Geld haben und benachteiligt wären. Befürchtet wird in diesem Zusammenhang die Entstehung eines „Internets der zwei Geschwindigkeiten“ und eine übermächtige Marktstellung großer Provider. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Provider bestimmte Angebote blockieren oder die Datenübermittlung bewusst bremsen könnten.

„Sie wissen nicht, wie Internet funktioniert“
In einem offenen Brief an den US-Kongress mit dem Titel „Sie wissen nicht, wie das Internet funktioniert“ haben sich vor dem mit Spannung erwartetem Votum 21 Internetpioniere für die weitere Gleichberechtigung von Daten im Netz ausgesprochen. Unter anderem Apple-Mitgründer Steve Wozniak und World-Wide-Web-Erfinder Tim Berners-Lee appellieren an die FCC, die Abstimmung zur Abschaffung der Netzneutralität abzusagen.

Der FCC-Vorstoß basiere auf einem fehlerhaften Verständnis von Internettechnologie, so die Autoren des Briefes. Der übereilte und technisch falsche Vorschlag zur Abschaffung der Netzneutralität sei eine unmittelbare Bedrohung für das Internet.

FCC-Chef erwartet nun mehr Investitionen
In den USA wurde unter der Regierung von Präsident Barack Obama erst vor zwei Jahren eine strikte Umsetzung der Regeln zur Netzneutralität beschlossen (doch das heißt nichts wie wir alle wissen, jeder Beschluss jedes Gesetz kann aufgehoben werden). Der vom US-Präsidenten Donald Trump ernannte FCC-Chef Ajit Pai verspricht sich durch die nun erfolgte Absegnung seines Entwurfs für eine Aufweichung der bisherigen Regelung höhere Investitionen in die Telekominfrastruktur. Pai zufolge seien in den vergangenen zwei Jahren zudem die Investitionen in Breitbandinfrastruktur um 5,6 Prozent gefallen. Pai sagte vor der Abstimmung, bei seinen Plänen gehe es darum, die „lockere Regulierung“ wieder herzustellen, die es dem Internet erlaubt habe zu blühen. Außerdem sollten Investitionen innovative Digitalangebote ermöglichen. „Unternehmer und Erneuerer“ seien zur Steuerung des Internets weit besser geeignet als staatliche Regelungen.

Mehr „Macht“ für Breitbandanbieter
FCC-Mitglied Jessica Rosenworcel, eine Demokratin, warnte hingegen, Pais Plan würde Breitbandanbietern „die Macht geben, zu entscheiden, welchen Stimmen sie mehr Gehör verschaffen und welche Websites wir besuchen können“. Das geht in den Bereich der Manipulation.  Die Demokratin Mignon Clyburn, die als Mitglied des FCC-Vorstands ebenfalls gegen den Beschluss stimmte, erklärte, die Regulierungsbehörde händige nun die „Schlüssel zum Internet“ einer „Handvoll von Multi-Milliarden-Dollar-Unternehmen“ aus.

Vor der FCC-Entscheidung hatte es auch Wirbel um Reaktionen aus der Bevölkerung in dem Verfahren gegeben. Bürger konnten sich mit Kommentaren einbringen und Gründe für oder gegen die Abschaffung der Regeln nennen. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman sagte, dass dieser Prozess durch Millionen gefälschter Kommentare manipuliert worden sei. Bei zwei Millionen dieser Kommentare seien gestohlene Identitäten benutzt worden(!). Schneiderman und mehrere andere Generalstaatsanwälte forderten deswegen, die Abstimmung zu verschieben. Am Donnerstag (14.12.2017) kündigte er eine Klage an. Ob das noch hilft?
Quelle ©: ORF
Bildquelle ©: ORF/ZIB