Wie wirken Hochspannungsleitungen auf unseren Organismus?
Schon lange wird über die Auswirkungen von Hochspannungsleitungen gestritten. Forscher sind dieser Frage erneut nachgegangen und können nun erstaunliche Antworten liefern.
Wenn man heute übers Land fährt, kann man sie überall sehen: Hochspannungsleitungen. Die Stromstraßen stehen unter dem Verdacht, Krebs, bzw. Blutkrebs bei Kindern auszulösen. Um zu klären, wie ein Organismus in der Nähe von solchen Leitungen reagiert, haben nun Forscher Kälber den elektromagnetischen Wechselfeldern von Hochspannungsleitungen ausgesetzt und dabei deren Melatoninspiegel im Speichel gemessen. ...
Warum Kälber? "Wir haben uns deshalb für Kälber entschieden, weil Bauern bereits seit längerem darüber diskutieren, ob Hochspannungsleitungen die Gesundheit und den Ertrag ihrer Milchtiere beeinflussen. Außerdem konnte unsere Arbeitsgruppe schon früher nachweisen, dass Rinder Magnetfelder wahrnehmen," erklärt Prof. Hynek Burda, Leiter der Abteilung für Allgemeine Zoologie an der Universität Duisburg-Essen (UDE) und Leiter der Studie.
Doch bisher gab es keinen eindeutigen Beweis
In vorangegangenen Untersuchungen wurde bereits ein Zusammenhang zwischen einer unterdrückten Melatoninproduktion und dem Auftreten von Leukämie bei Kindern, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen leben, vermutet. Einen eindeutigen Beweis gibt es jedoch nicht, denn mal waren die Melatonin-Konzentrationen bei den bisher untersuchten Tieren erhöht, mal erniedrigt und manchmal auch unbeeinflusst.
Die belgischen und deutschen Forscher wiesen nun die Beeinflussung eindeutig nach!
Mit den neusten Untersuchung können die tschechischen, belgischen und deutschen Forscher nun eindeutig nachweisen, dass Kälber in der Nähe von Hochspannungsleitungen tatsächlich weniger Melatonin produzieren, allerdings nur im Winter. Im Sommer dagegen verkehrt sich der Effekt sogar leicht ins Gegenteil. "Dieser saisonale Effekt des Magnetfeldeinflusses ist eine neue Erkenntnis, die die bisherigen Studien in einem neuen Licht erscheinen lässt. Er könnte auch erklären, weshalb es bislang so uneinheitliche Ergebnisse bei Wiederholungsexperimenten gab," fasst Burda zusammen.
Magnetische Wechselfelder, die von Hochspannungsleitungen erzeugt werden, haben offensichtlich einen Einfluss auf die Gesundheit der verschiedenen Lebewesen (auch der Menschen). Diese Beeinflussung ist jedoch wesentlich komplexer als bisher angenommen.
Hintergrund: Das, auch als Anti-Aging und Schlafhormon bezeichnete, Melatonin ist für zahlreiche Abläufe im Körper zentral verantwortlich. Es wird in der Zirbeldrüse aus Serotonin gebildet, wie auch direkt im Verdauungstrakt. Melatonin steuert den Tag-Nacht-Rhythmus im Körper, ein Mangel kann zu akuten Schlafstörungen führen, ein Überschuss an Melatonin am Tag führt u.a. zu ständiger Müdigkeit, Abgeschlagenheit und mitunter sogar zu starken Stimmungsschwankungen wie z.B zu depressiven Verstimmungen. Melatonin steuert auch die Nierenfunktion und den Blutdruck. Darüber hinaus stärkt Melatonin das Immunsystem und soll nach neuesten Erkenntnissen vor Krankheiten wie Krebs und Alzheimer schützen. Melatonin ist somit eines der Schlüsselhormone für Regeneration, Wohlbefinden und Gesundheit.
Ihre Forschungs-Ergebnisse haben die Forscher im Scientific Report veröffentlicht.
Quellen: Scientific Report, NTV, Universität Duisburg-Essen (UDE)
Link: http://www.nature.com/articles/srep14206