Im Hippocampus laufen sensorische Informationen ein und werden zu Erinnerungen geformt. Er fungiert jedoch nur als Kurzzeitgedächtnis. Erst mit dem Transfer dieser Erinnerungen in den Frontallappen der Großhirnrinde wird das Langzeitgedächtnis generiert. Wie die Forschergruppe um Walker vermutet, bleiben die Erinnerungen bei schlechtem und zu kurzem Tiefschlaf quasi im Hippocampus stecken und werden überschrieben, bevor sie ins Langzeitgedächtnis übergehen können. „Wenn wir älter werden, nimmt unsere Schlafqualität ab und hindert unsere Erinnerungen daran, nachts vom Gehirn abgespeichert zu werden“, so Walker. ...
Sein Team prüfte für die Studie 18 junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren und 15 über 70-jährige Erwachsene auf ihre Gedächtnisleistung nach einer durchgeschlafenen Nacht. Dazu mussten die Teilnehmer vor dem Zubettgehen 120 Wortgruppen lernen und diese anschließend angeben. Im Schlaf wurde ihre Hirnaktivität mit einem Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet. Am nächsten Morgen testeten die Wissenschaftler sie von Neuem auf die Wortpaare. Dieses Mal wurde ihr Gehirn währenddessen mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) gescannt. Während die Scans bei den jüngeren Probanden zeigten, dass ihre Erinnerungen im Schlaf vom Kurzzeitgedächtnis im Hippocampus zum Langzeitgedächtnis im präfrontalen Kortex verlagert worden waren, zeigten sich bei der älteren Testgruppe ganz andere Ergebnisse: Ihre Schlafqualität lag durchschnittlich 75 Prozent unter der der jüngeren Testteilnehmer, das Erinnerungsvermögen an die Wortpaare war 55 Prozent schlechter. Nach Meinung von Walker ist dies ein klarer Hinweis auf die „ernsthafte Beeinträchtigung der langsamen Hirnströme im Schlaf“.
Die Erkenntnis, dass die im Frontallappen entstehenden langsamen Hirnströme an der Stärkung der Langzeiterinnerungen beteiligt sind, eröffnet den Weg für neue Therapien gegen Gedächtnisverlust. Schon frühere Studien des deutschen Neurowissenschaftlers Jan Born von der Universität Lübeck hatten gezeigt, dass die mikro-elektrische Stimulation (Neurostimulation*) des Gehirns den Tiefschlaf intensivieren und folglich auch das Langzeitgedächtnis verbessern kann. Die Forscher um Walker versprechen sich darum nun neue Therapiemöglichkeiten gegen Erinnerungsverlust mithilfe von direkter Neurostimulation oder Medikamenten.
Quelle: Prefrontal atrophy, disrupted NREM slow waves and impaired hippocampal-dependent memory in aging, Mathew P. Walker et al.; Fachzeitschrift "Nature Neuroscience"; DOI: 10.1038/nn.3324//
LINK: http://www.nature.com/neuro/journal/v16/n3/full/nn.3324.html
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* Anm.: IPN-Forschung/Theta-X Prozess