Als Déjà vu bezeichnet man ein psychologisches Phänomen das sich in dem Gefühl äußert, eine neue Situation schon einmal erlebt, gesehen oder geträumt zu haben.
Forschung: Entkoppelte Gedächtnisprozesse sind
(nach letzten Erkenntnissen) für das merkwürdig vertraute Gefühl
(Déjà vu) verantwortlich.
Britischen Forschern ist es gelungen, Déjà-vu-Erlebnisse im Labor künstlich zu erzeugen und damit dem
(oder auch nur einen möglichen) Geheimnis des eigenartigen Gefühls näher zu kommen.
Verantwortlich für ein Déjà vu ist demnach einer von zwei Gehirnprozessen, die auch beim normalen Gedächtnis eine Rolle spielen. Wenn dieser Prozess alleine auftritt, kann er das typische Gefühl hervorrufen, etwas völlig Unbekanntes schon einmal gesehen zu haben.
Um ein Objekt wieder zuerkennen müssen im Gehirn nacheinander zwei Prozesse ablaufen: Zuerst sucht das Gehirn im Gedächtnis, ob der Gegenstand oder die Szene schon irgendwo abgespeichert ist. Als nächstes identifiziert ein anderer Teil des Gehirns das Objekt als bekannt, was mit einem Gefühl der Vertrautheit einhergeht. Wissenschaftler um Akira O'Connor versuchten nun, diese beiden Prozesse in ihrem Experiment zu trennen. Dazu hypnotisierten sie ihre Probanden und zeigten ihnen Wörter in einem rotem oder einem grünen Rahmen. Den Teilnehmern wurde mitgeteilt, dass sie bei Wörtern im roten Rahmen das Gefühl haben würden, diese irgendwoher zu kennen. Die Wörter im grünen Rahmen hatten sie dagegen zuvor tatsächlich gesehen.
Wurden den Probanden nach der Hypnose neue Wörter in roten und grünen Rahmen gezeigt, berichteten 10 der bisher 18 untersuchten Personen von einem eigenartigen Gefühl der Vertrautheit, wenn sie die rot umrahmten Wörter sahen. Fünf Probanden berichteten sogar, dass sie dieses Gefühl genau wie ein Déjà vu angefühlt habe. Das Experiment zeige, dass tatsächlich zwei getrennte Prozesse beim Wiedererkennen eine Rolle spielen und es möglich ist, den zweiten ohne den ersten ablaufen zu lassen, sagt O'Connor. Die Untersuchung trage daher auch dazu bei, das menschliche Gedächtnis besser zu verstehen.
Bis zu 97 Prozent aller Menschen haben bereits ein Déjà-vu-Erlebnis gehabt. Bei Patienten mit epileptischen Anfällen, deren Ursache im so genannten Schläfenlappen des Gehirns liegt, treten solche Erlebnisse besonders häufig auf. Dies lasse darauf schließen, dass das Gefühl der Vertrautheit vermutlich in dieser seitlichen Region des Gehirns entsteht, sagt O'Connor.
Quelle: New Scientist (22. Juli, S. 16)
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Déjà-vus Teil 2
Alan Brown, Psychologieprofessor an der Southern Methodist University in Dallas ist einer der wenigen, die sich derzeit hauptberuflich mit dem Phänomen Déjà-vu auseinander setzt. Er hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Studien seiner Kollegen miteinander verglichen.
Sein Fazit ist deprimierend: Erklärungen scheint es für das Déjà-vu - Phänomen so viele zu geben wie Wissenschaftler, die sich daran versuchen. Brown nimmt es sportlich: »Ich finde es gut, dass so viele kreative und intelligente Menschen an diesem Thema arbeiten. Es ist eine komplexe Materie.«
Immerhin lassen sich die Forscher derzeit grob zwei Lagern zuordnen.
Die einen nehmen an, dass einem Déjà-vu eine ganz reale Erinnerung zugrunde liegt. Demnach haben wir die vermeintlich vertraute Situation tatsächlich schon einmal erlebt, aber nur unbewusst gespeichert. Die anderen betrachten Déjà-vus als Resultat von kurzzeitigen Störungen oder Mini-Anfällen im Gehirn. Ihnen zufolge haben Déjà-vus genauso wie Halluzinationen nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
Folgt man den Anhängern der Störungstheorie, so entsteht das Déjà-vu, weil eine bestimmte Hirnwindung spontan ein Vertrautheitsgefühl auslöst.
Normalerweise geschieht dies im Schläfenlappen, dem Zentrum des bewussten Erinnerns. Dort ordnet der
Hippocampus, eine seepferdchenförmige Struktur, jeden Sinneseindruck als bekannt oder unbekannt ein. Ist der Sinneseindruck bekannt, feuern die Neuronen in einem anderen Teil des Schläfenlappens, dem parahippocampalen Gyrus, und rufen das Gefühl der Vertrautheit hervor. Bei einem Déjà-vu, so lautet
diese Annahme, feuern die Neuronen im parahippocampalen Gyrus jedoch, ohne dass zuvor etwas tatsächlich Bekanntes wahrgenommen wurde.
Das Hirn täuscht uns, das Gefühl der Vertrautheit trügt. Einem solchen Ausrutscher könnte Müdigkeit zugrunde liegen oder eine kurzzeitige Panne im Hirnstoffwechsel.
Argumente für die Störungstheorie liefern Epilepsiepatienten, deren Anfallsherd im Schläfenlappen liegt. Sie erleben besonders häufig Déjà-vus. Klaus Göcke aus Berlin zum Beispiel. 1980 wurde ihm ein Hirntumor entfernt. Zwei Monate später erlebte er Seltsames: »In der U-Bahn hatte ich das Gefühl, jeden Menschen zu kennen.« Er fragte im Krankenhaus nach: »Was ist los mit mir? Das ist doch nicht normal!« In seinem Kopf hatte sich nach der Operation eine Epilepsie entwickelt. Vor jedem Anfall kamen die Déjà-vus, viele Male hintereinander an einem einzigen Tag. Ob im Restaurant, in der Oper oder bei einer Kunstausstellung, plötzlich kamen Göcke alle Anwesenden vertraut vor. »Zuerst war das merkwürdig. Später fand ich es ganz unterhaltsam«, sagt Göcke heute.
Neurologen können den Zustand sogar per Knopfdruck auslösen, indem sie den parahippocampalen Gyrus mit elektrischen Signalen stimulieren. Anschließend berichten die Patienten von entsprechenden Erlebnissen. Auch Medikamente beeinflussen die Erfahrung. Klaus Göcke erlebt keine extremen Déjà-vus mehr, seitdem er Carbamazepin gegen seine Epilepsie nimmt. »Ich habe die Dosis Stück für Stück gesenkt«, sagt er. »Bei 600 Milligramm ist Schluss. Sobald ich es mit weniger probiere, kommen die Déjà-vus und die Anfälle wieder.« Umgekehrt können Medikamente das Erinnerungsphänomen erst hervorrufen. Ein finnisches Forscherteam berichtete 2001 von einem Mann, der gleichzeitig ein Parkinson-Medikament und einen Appetitzügler einnahm und daraufhin intensive Déjà-vus erlebte.
Solche Fälle liefern starke Indizien dafür, dass sie durch Fehlschaltungen im Kopf ausgelöst werden.
Doch auch die Gegenseite hat gute Argumente.
Alan Brown sucht nach Beweisen für die Erinnerungstheorien. Was uns bekannt vorkommt, haben wir demnach entweder vor langer Zeit so ähnlich schon einmal gesehen und wieder vergessen. Oder wir glauben, eine Situation zu kennen, weil wir sie wenige Millisekunden zuvor unterschwellig mitbekommen haben
(siehe z.B. den Beitrag oben).
Tatsächlich nehmen wir ständig viel mehr Eindrücke wahr, als uns bewusst wird.
Das Gehirn entscheidet, welche Informationen unsere Aufmerksamkeit verdienen und welche wir vernachlässigen können. Wenn wir ein Kind den Bürgersteig entlanglaufen sehen und dabei plötzlich ein Déjà-vu erleben, kann es sein, dass wir kurz zuvor den Blick haben schweifen lassen und das Kind zunächst nicht beachtet haben.
Déjà-vus können demnach tatsächlich Botschaften aus der Vergangenheit sein, wenn auch ihr Ursprung vielleicht nur wenige Sekunden oder Minuten zurückliegt.
(Siehe dazu auch den Beitrag "haben wir einen freien Willen?")
Schuld an den "Filmrissen" könnte die Art und Weise sein, wie unser Gehirn Informationen speichert. Ein Eindruck aus der Außenwelt nimmt unterschiedliche Wege durchs Gehirn. Erst in den hierarchisch höheren Hirnzentren werden die Teilinformationen zu einem Ganzen zusammengesetzt. Möglicherweise blitzt ein Déjà-vu auf, wenn eine Teilinformation leicht verspätet ihr Ziel erreicht. So mag der Eindruck entstehen, die Information sei bereits bekannt, irgendwie aber auch nicht.
Déjà-vus sind viel schwieriger zu erforschen als etwa Depressionen oder Epilepsien.
Déjà-vus entstehen spontan, ohne Vorwarnung und in der Regel äußerst selten.
Von Déjà-vus sind Männer wie Frauen gleichermaßen betroffen, Menschen mit Abitur häufiger als Menschen mit Hauptschulabschluss. Die Häufigkeit von Déjà-vu-Erlebnissen steigt mit dem Einkommen, der Häufigkeit von Reisen und mit der Fähigkeit, sich an Träume zu erinnern.
Sechs Prozent von insgesamt 1055 Befragten gaben an, mindestens einmal täglich ein Déjà-vu zu erleben. Der Psychologe Christopher Moulin von der Universität Leeds hat rund ein Dutzend Menschen ausfindig gemacht, die
in einer permanenten Wiederholungsschleife leben.
Moulins Patienten mit Dauer-Déjà-vu sind entweder dement oder leiden an schweren Epilepsien.
Dennoch, so hofft Moulin, können sie uns auf die Spur jener Erinnerungsblitze führen, die auch gesunde Menschen hin und wieder haben. »Meine Patienten erleben eine extremere Form als wir,« sagt Moulin. »Aber das neurologische Muster der Entstehung ist bei uns allen dasselbe.« Es sei unerheblich, ob das Déjà-vu nur gelegentlich oder aber chronisch auftrete. In allen Fällen schlage der parahippocampale Gyrus Alarm und rufe das Gefühl falscher Vertrautheit hervor.
Anm.: Die Erforschung des Déjà-vu - Effekts ist lange noch nicht am Ende, wir tasten uns nur langsam vor in den Bereich wo Bewusstsein und Gehirn bzw. Nervensystem interagieren. Dabei ist der Déjà-vu - Effekt nur einer der ungelösten Rätsel unseres Geistes.
Quelle: Diverse Quellen siehe Inhalt