In China soll bis 2020 ein Punktesystem zur Bewertung der Bürger eingeführt werden. In Rongcheng testen die Behörden das System.
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China als Test-Nation für die totale Überwachung? |
Noch unglaublich, aber leider wahr! Herr Yu Ganqing ist genervt, dass er heute ins Bürgeramt muss. Er muss dazu seine Arbeit unterbrechen, Dinge die getan werden müssen, einfach liegenlassen.
Aber anders geht es leider nicht. Yu Ganqing benötigt eine Bescheinigung über seine „soziale Vertrauenswürdigkeit“. Das neue Spezial-Führungszeugnis muss sich der 30-Jährige auf dem Bürgeramt in Rongcheng
(China) ausdrucken lassen. Es enthält einen Punktestand, seinen Punktestand. Diese Punkte besser gesagt Benotung errechnen die Behörden mit einem weltweit beispiellosen
Sozialkredit-System, das die kommunistische Führung
bis 2020 in ganz China einführen will.
Das System trennt zwischen guten und schlechten Bürgern. „Ich brauche das Papier, um den Kredit für eine Wohnung zu beantragen“, sagt der Angestellte.
Die ostchinesische Küstenstadt am Gelben Meer wirbt mit dem Spruch „Atme frei, fühl dich frei in Rongcheng“. Sie ist ein Winterparadies für Schwäne. Seit gut zwei Jahren gehört der Ort in der Provinz Shandong zu den Vorreitern von über 40 Pilotprojekten für das Register.
Der Zentralcomputer sammelt Daten von 50 Behörden. Er vergibt Pluspunkte für gewolltes Verhalten. Und er zieht Punkte ab, wenn Menschen irgendwie abweichen und gegen Regeln verstoßen.
Wie Big Brother in George Orwells Roman „1984“ greift die Kommunistische Partei unter Staats- und Parteichef Xi Jinping damit tief in die Privatsphäre der Menschen ein.
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Flächendeckende Videoüberwachung mit Gesichtserkennung! |
Das Ziel: „Die Vertrauenswürdigen sollen frei unter dem Himmel umherziehen können, während es den in Verruf geratenen schwer gemacht wird, einen einzigen Schritt zu tun.“ So steht es im Regierungsplan für die Einführung des Sozialregisters. Die Kontrolle des Milliardenvolkes mit digitalen Mitteln und die Allmacht des
Präsidenten Xi Jinping - das seien zwei Säulen einer „neuen Form des Totalitarismus“, warnen Kritiker.
Denn der 64-Jährige kann nach einer Verfassungsänderung bis ans Lebensende im Amt bleiben. (Da muss man das Volk schon im Griff haben!) Manche erinnern deshalb an alte Zeiten, als Staatsgründer Mao Tsetung uneingeschränkt herrschte und China ins Chaos stürzte.
Mit 1000 Punkten - ist man ein guter Bürger
„Dem Volke dienen“, dieser Propaganda-Spruch aus Maos Tagen steht auf einer Marmorwand des Bürgeramtes von Rongcheng. Yu Ganqing wartet in der hohen, offenen Halle umgeben von Säulen und Computern. Die Beamtin am Schalter sucht seinen Namen im Computer und druckt den Nachweis aus: 1000 Punkte. Stufe A. Das bedeutet: Er ist also ein „guter, gefügiger Bürger“, er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Denn Yu Ganqing hat nicht gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen. Er hat seine Rechnungen rechtzeitig bezahlt. Politisch ist er nicht negativ aufgefallen(!). So muss er auch nicht fürchten, im neuen Punktesystem (Sozialkredit-System) nach unten zu rutschen. Yu Ganqing dazu: „Da ich verheiratet bin, muss ich auch den Bewertungsbogen für meine Frau ausdrucken lassen.“ Sonst gibt es kein Darlehen, keinen Kredit.
„Es macht zusätzlich Arbeit“, klagt Yu Ganqing. ...