Forscher haben anhand von Zelluntersuchungen nachgewiesen,
dass Stress uns tatsächlich schneller altern lässt.
Man muss kein Mediziner sein, um zu wissen, dass permanenter Stress nicht gut für das Wohlbefinden ist. Jetzt haben Forscher jedoch ermittelt, wie genau sich Stress auf unser Lebensalter auswirkt und warum wir durch Stress anfälliger für bestimmte Krankheiten werden.
Prof. Elissa Epel und ihr Team von der University of California haben jene Teile des Erbguts untersucht, die eine Schlüsselrolle im Alterungsprozess von Zellen spielen: die so genannten Telomere, welche die Enden der Chromosomen umhüllen. Diese "Schutzkappen" werden mit jeder Zellteilung kürzer, bis sie schließlich so reduziert sind, dass sich die betreffende Zelle nicht mehr teilen kann.
Wie die "Proceedings of the National Academy of Sciences" in einer Veröffentlichung berichten, verglichen Epel und Kollegen den Zustand der Telomere bei insgesamt 58 Frauen im Alter von 20 bis 50 Jahren: 39 von ihnen waren gesunde Mütter, die ihre chronisch kranken Kinder pflegten, die restlichen 19 Frauen hatten gesunde Kinder. Ermittelt
(gemessen) wurde in Zellen der Studienteilnehmerinnen die durchschnittliche Länge der Telomeren, sowie die Aktivität des Enzyms Telomerase, das Schäden an den Chromosomen-Schutzkappen reparieren kann, sowie der oxidative Stress in den Zellen, der DNA-Schäden hervorruft und den Abbau der Telomere beschleunigt.
Telomere - die Schutzkappen der Chromosomen
Telomere, Komplexe aus DNA und Proteinen umhüllen und schützen die Enden der Chromosomen im menschlichen Erbgut - ganz ähnlich wie etwa die Kunststoffkappen am Ende von Schuhbändern. Allerdings werden diese Chromosomen-Kappen bei jeder Zellteilung immer etwas kürzer, bis sie am Ende so reduziert sind, dass sich die Zellen nicht mehr teilen können und im Zustand der Seneszenz verharren oder absterben.
Stress lässt Zellen um ein Jahrzehnt altern
Diejenigen Frauen, die am längsten pflegten und sich am stärksten belastet fühlten, wiesen hinsichtlich aller drei gemessenen Parameter "dramatische Unterschiede" auf. Man könne bei ihnen von einer zusätzlichen biologischen Alterung um etwa ein Jahrzehnt
(!!!) ausgehen, meinen die US-Forscher, und das obwohl den betroffenen Frauen der Stress äußerlich nicht anzumerken sei, und ihnen selbst der starke Stress nicht bewusst wurde.
Unsere Psyche beeinflusst direkt unsere Alterung
Die für die Zellalterung entscheidenden Telomere zeigten jedoch "dramatische Unterschiede": Bei Frauen, die sich am stärksten belastet fühlten, stellten die Wissenschaftler eine zusätzliche biologische Alterung bei gewissen Blutzellen
(so genannte PBMNCs) um etwa ein Jahrzehnt fest. Die Autoren überprüften zudem zur Kontrolle auch andere Faktoren wie Alter, Rauchen, Vitaminkonsum und Body Mass Index. Die Beziehung zwischen Stress und Telomerlänge blieb auch unter Berücksichtigung dieser Einflussgrößen erhalten.
"Es gibt zahlreiche Studien, die eine Verbindung zwischen chronischem psychologischen Stress und eingeschränkter Gesundheit hergestellt haben", so Epel. "Durch unsere Arbeit kennen wir nun den zellulären Mechanismus, über den chronischer Stress zu frühzeitiger Alterung und Krankheiten führen kann."
Quelle: Elissa Epel von der Universität von Kalifornien in San Francisco in der Fachzeitschrift "PNAS". Die Studie "Accelerated telomere shortening in response to life stress" von Elissa S. Epel et al. erscheint zwischen 29.11. und 3.12.04 als Online-Veröffentlichung auf der Website des Fachjournals "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).
PNAS Early Edition/ Elissa Epel: https://www.elissaepel.com/research-articles
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